Le vin suisse existe – même après dix ans!

Vielleicht wäre der Titel ja treffender mit „le vin suisse n’existe pas“ – zumindest in den Köpfen immer noch vieler Schweizer „Weinfreunde“. Und ganz sicher mit einem Blick von ausserhalb der Schweiz. Aber das ist falsch! Der Schweizer Wein existiert – auf sehr hohem Niveau. Und er kann altern – und wie!

Das grosse Swiss Wine Tasting der besten Schweizer Weine von anfangs Dezember war mehr als einen Besuch wert (und auch mehr als nur einen Artikel hier – Fortsetzung folgt). Angesichts der unglaublichen Vielfalt an Spitzenweinen war der Eintritt von Fr. 20.00 schon fast läppisch tief. Dies vor allem auch, weil zusätzlich zur „normalen“ Ausstellung auch Weine des „Swiss Wine Vintage Award“ aus dem Jahrgang 2009 degustiert werden konnten.

Wer möchte sich da nicht einschenken lassen? Schweizer Spitzenweine aus dem Jahrgang 2009 in Reih und Glied!

In einer Sonderschau waren 57 Schweizer Weine aus dem Jahr 2009 vertreten, davon 19 weisse (inkl. 2 Süssweine) und 38 rote. Das Resultat mit einem Wort vorweg: beeindruckend! Nicht einer der präsentierten Weine war schon zu alt, kaum einer war unangenehm gereift und einige waren gar erst so richtig in Hochform!

Am meisten überraschten die Weissweine. Selbst die Chasselas machten noch alle Spass, einzelne wie der Dézaley Médinette von Bovard, der Clos de Mangold der Domaine Cornulus oder der Le Brez der Domaine de Colombe präsentierten sich sogar noch richtig jugendlich. Am meisten beeindruckt haben mich bei den Weissen aber der Completer von Donatsch (trotz leichter Restsüsse), der Petit Arvive Château Lichten von Rouvinez und – ganz besonders – die beiden senstationellen Räuschlinge vom Zürichsee von Lüthi (dicht und jugendlich) und noch mehr von Schwarzenbach (unglaubliche Frische).

Umwerfend war der mit Restsüsse gekelterte Petit Arvine Grain Noble Domaine des Claives von Marie-Thérèse Chappaz – diese Frische, diese Ausgewogenheit, diese Finesse, nichts Klebriges – das ist ganz einfach ein Wein zum Träumen!

Bei den Roten gefielen fast alle Tessiner Merlots, für mich persönlich allen voran der sanfte, würdevoll gereifte Orizzonte von Zündel und der Balin von Kopp von der Crone Visini sowie der mit Cabernet Franc gemischte Insieme von Weingartner.

Spannend bei den Spezialitäten, wenn auch schon spürbar gealtert, der Lemberger (=Blaufränkisch) von Schwarzenbach, der trotz Alterstönen noch sehr saftige Syrah L’Odalisque von Thierry Constantin, der enorm frische Cornalin der Domaine Cornulus und der noble, saftige Grand’Cour Cabernet Franc + Sauvignon von Pellegrin.

Und die Pinots, von denen gleich 15 Weine gezeigt wurden? Wenn es gesamthaft gesehen eine leise Enttäuschung – wenn auch auf hohem Niveau – gab, dann hier. Es scheint, dass die Vorschusslorbeeren dieses „Jahrhundertjahrgangs“ nicht immer gerechtfertigt waren. Die Pinot noir-Traube ist wenig überraschend wohl einfach nicht für so heisse Jahre gemacht und es brauchte viel Fingerspitzengefühl des Winzers (und kühle Lagen), um auch in solchen Jahren typische Pinots herzustellen. Weine wie der Aagne von Gysel, der mir schon in der Jugend mit seiner üppig-„süsslich“ Art nicht gefiel, wirken heute uninteressant, wenn auch durchaus noch trinkbar. Auch untypisch, aber interessant zeigte sich der „Hommage“ der Cave du Rhodan, der zweifellos mit mehr Säure heute noch spannender wäre, der aber dank einer ausgeprägten, jetzt ausgewogenen Tanninstruktur Freude macht. Trotz dieser Ausnahme, Pinots, bei denen Eleganz und Frische vorherrscht, können heute am meisten überzeugen, allen voran aus dem Kanton Baselland (!) der für mich beste Pinot der Serie, Clos Martha von Möhr-Niggli, aber auch Kloster Sion vom Weingut Sternen, Stadtberg von Pircher, Pinot noir Nr. 3 vom Schlossgut Bachtobel und der Churer Gian-Battista des Weingutes von Tscharner.

Alles in allem: Eine hervorragende Leistungschau der Schweizer Spitzenwinzer, die mit ihrer Arbeit schon vor 10 Jahren bewiesen haben, welch hervorragendes Potential die Schweizer Weine aufweisen! Le vin suisse existe – und sollte endlich auch auf der Weltbühne seinen berechtigten Platz finden!

https://www.swiss-wine-tasting.ch/?L=0
http://www.mdvs.ch/de/home.html

Swiss Wine Connection: Schon Mitglied?
Und übrigens: Wenn Sie für Fr. 50.00 pro Jahr Mitglied bei der „Swiss Wine Connection“ meiner Freunde Susi Scholl und Andreas Keller werden, geniessen Sie beim nächsten Event Gratiseintritt:
http://www.swiss-wine-connection.ch/friends/

Und hier die Links auf die erwähnten Weingüter:
http://www.domainebovard.com/de/home.php
https://cornulus.ch/de/
https://www.lacolombe.ch/de/
https://www.donatsch.info/
https://famillerouvinez.com/de/
https://www.luethiweinbau.ch/
https://www.schwarzenbach-weinbau.ch/
https://www.chappaz.ch/
http://www.zuendel.ch/ (nur Titelbild, offenbar sonst noch „off“)
http://www.cantinabarbengo.ch/ (Kopp von der Crone Visini)
https://www.weingartner.ch/
http://www.thierryconstantin.ch/2011/?page_id=14&lang=de
https://www.geneveterroir.ch/de/domaine-grandcour/4457 (Pellegrin, offenbar noch ohne eigene Homepage – hat er gar nicht nötig!)
https://aagne.ch/
https://rhodan.ch/
http://www.moehr-niggli.ch/
https://www.weingut-sternen.ch/
http://www.weingut-pircher.ch/data/index.php/de/
https://www.bachtobel.ch/de
https://www.reichenau.ch/weinbau/



Weltklasse aus der Schweiz: nächste Folge mit Irène Grünenfelder.

Meinen letzten Blog-Beitrag hatte ich auf Facebook mit der Einleitung gepostet: „Wann merkt endlich der letzte Weinfreund, dass Schweizer Weine Weltklasse sein können“? An den dort beschriebenen, famosen Montagna Magica von Hubervini schliesst heute nahtlos ein Sauvignon blanc 2015 an.

Auch eine sehr geschmackvolle Etikette. Die einzelnen Weine unterscheiden sich durch die Farbe. Grün wird für den Sauvignon blanc verwendet.

Die Produzentin Irène Grünenfelder aus Jenins in der Bündner Herrschaft näher vorzustellen, ist kaum notwendig, obgleich mir scheint, dass sie in Sachen Berichterstattung immer ein wenig im Schatten von Gantenbein (vor allem), Fromm, Studach und neuerdings auch Möhr-Niggli und wieder Donatsch steht. Dabei begegnen ihre Weine den vorgenannten absolut auf Augenhöhe! Ich erinnere mich an drei Degustationen mit mehr als einem Dutzend der führenden Schweizer Pinots der Jahrgänge 2006, 2009 und 2012 – immer war der „Eichholz“ von Irène Grünenfelder unter den ersten drei platziert. Sie hat – als Autodidaktin notabene – mit ihrem roten Spitzenwein auch einen absolut eigenständigen Stil gefunden. Immer wohltuend zurückhaltend im Holz, dicht und trotzdem elegant, fruchtbetont und irgendwie einfach sinnlich – nicht anbiedernd am Burgund, aber auch nicht bieder wie ein durchschnittlicher Schweizer Barrique-Pinot. Und das Schönste daran: Die Preise sind, im Gegensatz zu jenen der Pinots anderer Spitzenwinzer, auf freilich für Schweizer Verhältnisse hohem Niveau anständig stabil geblieben.

Aber auch die Weissweine von Irène Grünenfelder sind bemerkenswert. Den Chardonnay kann ich zu wenig beurteilen, ich habe da erst zwei Jahrgänge probiert, und da spürte man noch etwas das jugendliche Alter der Reben und ein Abtasten beim Holzeinsatz, aber der Stil lässt grundsätzlich Grosses erahnen. Beim Pinot blanc zeigt sie, welches Potential diese Rebsorte eigentlich hat – und mit dem Sauvignon blanc bewegt sie sich seit Jahren an der Schweizer Spitze. Mit dem 2015er hat sie meines Erachtens sogar einen Wein gekeltert, der auch im internationalen Vergleich ganz vorne steht. Da ist nichts von „billigen“, exotischen Aromen und von einfacher Süffigkeit. Vielmehr besticht der Wein durch eine dezente, zurückhaltende aber doch präsente Frucht und vor allem durch eine unglaubliche Frische und Mineralität. Dieser Sauvignon ist begeisternd und braucht keinen Vergleich mit den Weltbesten zu scheuen! Und mit 30 Franken ist er zwar nicht billig, aber der Qualität angemessen sehr anständig.


Helles Gelb; eher zurückhaltend mit Anflügen von Mandarine, Lychee und Mirabellen, schon in der Nase mineralisch wirkend; im Mund mit einer unglaublichen Frische trotz relativ mässiger Säure, obwohl wirklich trocken mit einem Anflug von „Süsse“, dicht gewoben, unglaubliche Mineralität, langer Abgang. Ein Traumwein!

Wann wohl merkt endlich der letzte Weinfreund, das Schweizer Weine Weltklasse sein können? Dieser Sauvignon gehört sicher zu den leuchtenden Beispielen. Schade nur, dass ich eben die letzte Flasche aus meinem Keller geholt habe – wie so oft, habe ich die anderen einfach zu früh geöffnet (wobei sie auch damals sehr gut waren).

Blick auf die Bündner Herrschaft, im Vordergrund Malans, in der Mitte rechts Jenins und rot eingezeichnet, unterhalb von Jenins, der Standort des Weingutes Eichholz.


https://www.eichholz-weine.ch/

Gantenbein – Zuteilen oder Verlosen oder was?

Die neuste Idee: Gantenbein (kombiniert mit Becker) per Los zuteilen!

Mein Beitrag „Online-Sofahändler“ hat jene Wirkung entfaltet, die ich mir von meinem Blog u.a. auch erhoffe: Er hat einen Kommentar ausgelöst und „hinter den Kulissen“ für mehrere Mails gesorgt. Eine Diskussion anstossen, wie schön!
https://victorswein.blog/2018/01/13/die-online-sofahaendler/

Ich bin mir bewusst, dass ich hier jetzt schon zum dritten Mal Gantenbein’s erwähne, dabei hatte ich geschrieben, dass dieser Blog weit weg von Snob-Weinen sein werde. Aber sind denn die Gantenbein-Weine versnobt? Sicher nicht (vielleicht aber einige der Konsumenten?).

Vorerst einmal steht ganz viel Engagement und wohl seinerzeit auch Mut dahinter – ein eigentliches Lebenswerk. Zwar gab es schon einen Donatsch im nahen Malans, aber „Burgunderweine“ in der Schweiz herstellen zu wollen, brauchte ja eine gute Portion Optimismus. Und deshalb ernten Gantenbein’s den Erfolg jetzt auch zurecht (wie Vater und Sohn Donatsch auch).

Aber ist denn ein Gantenbein seinen Preis in Snob-Sphären wert? Das ist nun wirklich Ansichtssache, und auch eine Frage des Massstabes (vielleicht auch des Portemonnaies). Vergleicht man mit einem Burgunder aus einer sehr guten Premier-Cru-Lage (auf dieser Höhe sehe ich Gantenbein, wie auch diverse andere Schweizer Pinots), dann ist er jeden Franken mehrfach wert. Vergleicht man mit einem Broger, Baumann und vor allem Zahner, oder vor Ort mit dem Eichholz von Grünenfelder oder Pelizzatti, dann ist er zu teuer. Aber was soll’s, der Markt macht die Preise, und wer einen Gantenbein erhalten kann und es sich leisten kann, tut gut daran, einzukaufen.

Aber eben, wie kommt man zu einem Gantenbein? Der beste Weg wäre jener gewesen, schon vor 30 Jahren direkt einzukaufen. Denn Gantenbeins sind, und das finde ich extrem sympathisch, auch wenn ich nicht bei den davon Profitierenden bin, total treu: Seit den frühen Jahren bestehende Kunden bekommen auch heute jedes Jahr ihren Wein – genau wie frühe Weinhändler. Aber neue Kunden können einfach nicht mehr berücksichtigt werden.

Bleibt der Handel: Fast jeder mir bekannte Händler mit einem Kontingent macht es gleich: er teilt zu. Und dass ein Händler jene Kunden bevorzugt, die auch sonst regelmässig einkaufen, leuchtet ja auch ein! Wer also hier nicht zum Zug kommt, dem bleiben dann noch Ricardo oder Ebay, mit echten Snob-Preisen…

Oder ganz aktuell, das Hoffen auf das Glück: Das Weinhaus Gerstl bietet noch bis am 5. Februar verschiedene Sortimentsboxen mit je drei Flaschen Gantenbein (teils auch mit einem der noch viel rareren Weissen) und drei Flaschen Becker an. Zu Becker aus Schweigen in der Pfalz, direkt an der Grenze zum Elsass, schreibe ich ein anderes Mal, für heute nur: auch diese Weine sind Klasse.

Der Clou an der Sache: Nach Bestelleingang werden die zur Verfügung stehenden Pakete unter den Bestellern verlost! Vielleicht ist es für einen Weinhändler die beste Methode, sich dem Dilemma der Zuteilung mit entsprechend unzufriedenen Kunden zu entziehen?

https://www.gerstl.ch/de/search.html?searchtext=Sortiments-Box

(Hinweis, weil victorswein.blog noch jung ist und das „über“ sicher nur wenige gelesen haben: Ich habe absolut keine kommerziellen Interessen, und Gerstl weiss nicht einmal, dass ich hier einen Hinweis platziere. Diese völlige Unabhängigkeit werde ich mir auch auch bewahren, weil ich ausschliesslich aus Spass schreibe und empfehle).