Monte Olmi zum Zweiten: ein Gesamtkunstwerk

Mein letzter Artikel beschrieb den Amarone „Capitel Monte Olmi“ 2004 von Tedeschi.
https://victorswein.blog/2019/03/03/tedeschi-monte-olmi-2004-ueberzeugend-gereifter-amarone/

Gleich zwei der drei den Betrieb führenden Geschwister Tedeschi kommentierten darauf per Mail den Beitrag, und Riccardo, verantwortlich für die Weinherstellung schrieb: „es stimmt, Amarone altert farblich nicht so gut, aber in den Aromen sehr wohl“. Und zum beschriebenen Jahrgang: „Das Problem des 2004ers (von mir vor zwei Wochen degustiert) ist, dass er im Mund immer noch jung ist“. Dem kann ich mehr als zustimmen (ich hatte geschrieben, dass der Wein auch in 10 Jahren noch gefallen werde), aber das Wort „Problem“ würde ich nicht verwenden – da ist keines, der Wein ist einfach nur toll und wird es noch lange bleiben!

Riccardo Tedeschi hat mir auch zwei Fotos des Rebberges zugestellt. So kommen Sie hier also in den Genuss des richtigen Monte Olmi – und nicht nur eines Stimmungsbildes aus der Gegend, wie ich es aus eigenem Bestand verwendet hatte.

Ist das Titelfoto nicht einfach fabelhaft? Diese gepflegte Anlage wirkt auf mich wie feine Architektur, wie Kunst – herrliche Kulturlandschaft . Dieses Foto und die Qualität des Weines – ein Gesamtkunstwerk. Das unbeschnittene Foto hier:

Das nachfolgende zweite Bild zeigt den Rebhang von Monte Olmi im Kontext mit der traumhaften Landschaft des Valpolicella. Im letzten Beitrag hatte ich geschrieben, die Gegend sei einen Abstecher wert. Ich korrigiere mich: sie ist eine Reise wert. Und die Weine eine hohe Beachtung!

3 Gedanken zu “Monte Olmi zum Zweiten: ein Gesamtkunstwerk

  1. Michael Holzinger

    Guten Tag Victor,

    schon letztes mal hätte ich fast etwas dazu geschrieben, nun greifen Sie ja selber das Thema noch mal mit einem zweiten Teil auf, sodass ich mir erlaube, ein paar persönliche Ergänzungen anzufügen.

    Zuerst mit einem Schmunzeln angedacht, wie altert denn ein Wein, hier Amarone, „farblich nicht ganz so gut“? Umgekehrt, wie müsste ein Wein aussehen, der „farblich schlecht altert“?

    Aber Spaß beiseite. Was ich aus eigener Erfahrung mit Amarone hinzufügen kann, ist folgendes:

    Seit 1985 kaufte, trinke und lagere ich Amarone-Weine. Noch heute habe ich, inzwischen wohl recht rare Flaschen, aus den Jahren 80, 81, 83, 85, 86, 88, sowie letzte Einzelflaschen aus den 60er und 70er Jahren. Auch wenn ich in verschiedenen Wein-Zirkeln, sicher so wie Sie und viele andere Wein-Liebhaber, nichts gegen reine Degustationen habe, wo es um lebhaftes Verkosten und Diskutieren geht, und jeder dann einige besondere Weine für die Runde beisteuert, so sind diese nun älteren und alten Amarone allein dem sehr bewussten Genuss, mit wenigen Freunden und einem guten Essen, vorbehalten.

    Diese Weine kommen aus einer Zeit, als der Amarone noch seine „Export-Identität“ suchte, sich die Absatz-Märkte langsam und schrittweise aufbauen mussten. Die Tropfen waren großenteils noch sprichwörtlich „traditionell“ erzeugt. Ich kenne einige der heute berühmten Namen noch vor den großen Umbauten und Investitionen, bevor moderne Anbauten und architektonische Prachtbauten und repräsentative Keller neu entstanden. Und mit den neuen Kellern und auch neuen Trocknungs-Räumen mit Top Klima-Technik, für die weitere Dehydratisierung der Trauben für Amarone, hielt eine ganze Welle der Technik-Innovationen Einzug in die Betriebe. So wie zugleich auch in den anderen Regionen Italiens, ganz vorneweg die nördlichen Gebiete des Stiefels: Veneto, Lombardei, Piemont, Friaul zum Beispiel.

    Heute gibt es eine weitaus größere Anzahl an Amarone-Erzeugern im Programm, die Mengen-Zuwächse an Fläche, Ertrag und abgefüllten Flaschen der letzten 20 Jahre können fast schon Angst machen. Und die stilistische Palette modern gemachter Amarone ist so breit wie nie. Manches hat nur noch entfernt mit den wunderbaren Weinen aus den 80er und 90er Jahren zu tun. Leider!

    Wenn ich heutzutage ein bis zwei Flaschen Amarone, im Herbst bis Winter eines Jahres aufmache, dekantiere, und dann genieße, habe ich einen Geschmack und einen Duft fast vergessener Zeiten im Glas. Die Weine zeigen sich in einem seltenen, tiefdunklen rubinrot von außergewöhnlicher Leuchtkraft. Ich bin sonst eher ein Kritiker zu blumiger Verkostungs-Beschreibungen, Aber so ein Wein-Erlebnis bieten mir heute nur noch wenige Amarone-Erzeuger, im ultra-modernen Stil bislang oft gar nicht.

    Das übrigens gereifte Amarone oft Bewertungen, auch international und renommiert, zwischen 88 bis 91, 92, manchmal noch 94 und selten 95 Punkte erzielen, liegt meiner Meinung nach an dem fehlenden Bezug der Verkoster zur Geschichte und zum Sinn eines solchen Weines.. Dieser Wein war immer ein besonderer, für besondere Anlässe. Und auch deswegen ist jeder Versuch zum Scheitern verurteilt, sich mit der Präzision und dem Schliff anderer großer Rotweine zu vergleichen, wie z. B. in der Toskana, Bordeaux oder anderen Gebieten.

    Das war nie der Sinn eines Amarone. Hier geht es um Tiefe, um eine gewisse Opulenz, zu einem reichhaltigen, prallen und besonderen, ja vollen Moment des Lebens. Was mit diesen Weinen in den Export-Märkten geschieht, und wie und wann die Einheimischen solch einen Wein selber dann genießen, sind zwei ganz verschieden Dinge.

    Den Monte Olmi, wie Sie ihn beschrieben haben, geschätzter Victor, kann ich gut nachvollziehen.
    Es ist nur wenige Jahre her, als ich erst einen von 1974 und ein Jahr später einen 1988 hatte – beide waren intakt und wunderbar.

    Abschließend kann ich sagen, dass ich mit den Klassikern wie Bertani, Zenato, Tedeschi, Masi, Tommasi, in die Welt der Amarone damals eingedrungen bin. Und all diese Weine aus den 80ern und 90ern sind bis heute noch, mit großer Typizität und viel Charakter, in der Regel mit Freude zu genießen.

    Das einzige, was ich zugeben muss, ist, dass die Lagerung eine sehr wichtige Rolle gespielt hat. Das ist natürlich immer so, aber Amarone macht das sehr energisch deutlich. Wir haben wiederholt die gleichen Weine, aus einem Einkauf damals, aus meinem Klimaschrank und aus einem normalen Wohn-Keller, nebeneinander verkostet. Das konnte man nach über 25 Jahren dann nicht mehr ignorieren. Die nötige Frische und den nötigen Glanz hatten nur die konstant Klima-gelagerten Weine aufzuweisen. Also Augen auf beim Nachkauf, würde ich sagen. Und die Mehrzahl der Weine erinnern nach so vielen Jahren oft zuerst kurz an Kuhstall, sozusagen. Dekantieren ist dann sicher meist Pflicht.

    Diese Weine sollten in keiner bunt gemischten Probe sich sinnlos messen müssen. Sie sollten ein schönes, großzügiges Essen mit besten Freunden krönen.

    Damit verbleibe ich mit besten Grüßen

    Michael Holzinger

    Gefällt 1 Person

    1. Lieber Michael. Welch wundervoller Kommentar oder, besser gesagt, welch feinfühliger, fachkundiger Artikel zum Thema Amarone – und letztlich zum Umgang mit Wein ganz generell. Herzlichen Dank – ich bin echt berührt!

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  2. Michael Holzinger

    Lieber Victor,

    vielen Dank für die freundliche Antwort, die ich doch gerne entgegennehme.

    Vielleicht hat mancher Leser so nun auch mehr Zutrauen in die Lagerfähigkeit solcher Amarone-Weine. Wenn alles zusammenpasst, sind 20 – 25 Jahre überhaupt kein Problem – und die Besten aus den besten Jahren können es sogar noch länger.

    Viel Spaß weiter beim Bloggen, ich freu mich auf weitere, interessante Artikel, die unverkrampft der Freude am Wein dienen!

    Mit besten Grüßen

    Michael Holzinger

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