Amarone zum Dritten: ein Gastbeitrag, feinfühlig und fachkundig

Zuweilen muss man sich eingestehen, dass andere etwas einfach besser können! Nach meinem letzten Artikel über den Amarone „Capitel Monte Olmi“ von Tedeschi hat Michael Holzinger einen wunderschönen und tiefsinnigen Kommentar hinterlassen, der einem eigenständigen Artikel entspricht und den ich selbst so nie hingekriegt hätte.

Daraus spricht so viel Feinfühligkeit und Fachwissen – für Amarone im Speziellen, aber eigentlich für den Umgang mit Wein ganz generell – dass ich diesen Text hier, in Absprache mit Michael, als Gastbeitrag veröffentliche, weil der Beitrag „nur“ als Kommentar ein Mauerblümchendasein fristete – und das hat er nicht verdient. Nachfolgend also eine Kopie des Kommentars von Michael Holzinger:

„Zuerst mit einem Schmunzeln angedacht, wie altert denn ein Wein, hier Amarone, „farblich nicht ganz so gut“? Umgekehrt, wie müsste ein Wein aussehen, der „farblich schlecht altert“?

Aber Spaß beiseite. Was ich aus eigener Erfahrung mit Amarone hinzufügen kann, ist folgendes:

Seit 1985 kaufte, trinke und lagere ich Amarone-Weine. Noch heute habe ich, inzwischen wohl recht rare Flaschen, aus den Jahren 80, 81, 83, 85, 86, 88, sowie letzte Einzelflaschen aus den 60er und 70er Jahren. Auch wenn ich in verschiedenen Wein-Zirkeln, sicher so wie Sie und viele andere Wein-Liebhaber, nichts gegen reine Degustationen habe, wo es um lebhaftes Verkosten und Diskutieren geht, und jeder dann einige besondere Weine für die Runde beisteuert, so sind diese nun älteren und alten Amarone allein dem sehr bewussten Genuss, mit wenigen Freunden und einem guten Essen, vorbehalten.

Diese Weine kommen aus einer Zeit, als der Amarone noch seine „Export-Identität“ suchte, sich die Absatz-Märkte langsam und schrittweise aufbauen mussten. Die Tropfen waren großenteils noch sprichwörtlich „traditionell“ erzeugt. Ich kenne einige der heute berühmten Namen noch vor den großen Umbauten und Investitionen, bevor moderne Anbauten und architektonische Prachtbauten und repräsentative Keller neu entstanden. Und mit den neuen Kellern und auch neuen Trocknungs-Räumen mit Top Klima-Technik, für die weitere Dehydratisierung der Trauben für Amarone, hielt eine ganze Welle der Technik-Innovationen Einzug in die Betriebe. So wie zugleich auch in den anderen Regionen Italiens, ganz vorneweg die nördlichen Gebiete des Stiefels: Veneto, Lombardei, Piemont, Friaul zum Beispiel.

Heute gibt es eine weitaus größere Anzahl an Amarone-Erzeugern im Programm, die Mengen-Zuwächse an Fläche, Ertrag und abgefüllten Flaschen der letzten 20 Jahre können fast schon Angst machen. Und die stilistische Palette modern gemachter Amarone ist so breit wie nie. Manches hat nur noch entfernt mit den wunderbaren Weinen aus den 80er und 90er Jahren zu tun. Leider!

Wenn ich heutzutage ein bis zwei Flaschen Amarone, im Herbst bis Winter eines Jahres aufmache, dekantiere, und dann genieße, habe ich einen Geschmack und einen Duft fast vergessener Zeiten im Glas. Die Weine zeigen sich in einem seltenen, tiefdunklen rubinrot von außergewöhnlicher Leuchtkraft. Ich bin sonst eher ein Kritiker zu blumiger Verkostungs-Beschreibungen, Aber so ein Wein-Erlebnis bieten mir heute nur noch wenige Amarone-Erzeuger, im ultra-modernen Stil bislang oft gar nicht.

Dass übrigens gereifte Amarone oft Bewertungen, auch international und renommiert, zwischen 88 bis 91, 92, manchmal noch 94 und selten 95 Punkte erzielen, liegt meiner Meinung nach an dem fehlenden Bezug der Verkoster zur Geschichte und zum Sinn eines solchen Weines.. Dieser Wein war immer ein besonderer, für besondere Anlässe. Und auch deswegen ist jeder Versuch zum Scheitern verurteilt, sich mit der Präzision und dem Schliff anderer großer Rotweine zu vergleichen, wie z. B. in der Toskana, Bordeaux oder anderen Gebieten.

Das war nie der Sinn eines Amarone. Hier geht es um Tiefe, um eine gewisse Opulenz, zu einem reichhaltigen, prallen und besonderen, ja vollen Moment des Lebens. Was mit diesen Weinen in den Export-Märkten geschieht, und wie und wann die Einheimischen solch einen Wein selber dann genießen, sind zwei ganz verschieden Dinge.

Den Monte Olmi, wie Sie ihn beschrieben haben, geschätzter Victor, kann ich gut nachvollziehen. Es ist nur wenige Jahre her, als ich erst einen von 1974 und ein Jahr später einen 1988 hatte – beide waren intakt und wunderbar.

Abschließend kann ich sagen, dass ich mit den Klassikern wie Bertani, Zenato, Tedeschi, Masi, Tommasi, in die Welt der Amarone damals eingedrungen bin. Und all diese Weine aus den 80ern und 90ern sind bis heute noch, mit großer Typizität und viel Charakter, in der Regel mit Freude zu genießen.

Das einzige, was ich zugeben muss, ist, dass die Lagerung eine sehr wichtige Rolle gespielt hat. Das ist natürlich immer so, aber Amarone macht das sehr energisch deutlich. Wir haben wiederholt die gleichen Weine, aus einem Einkauf damals, aus meinem Klimaschrank und aus einem normalen Wohn-Keller, nebeneinander verkostet. Das konnte man nach über 25 Jahren dann nicht mehr ignorieren. Die nötige Frische und den nötigen Glanz hatten nur die konstant Klima-gelagerten Weine aufzuweisen. Also Augen auf beim Nachkauf, würde ich sagen. Und die Mehrzahl der Weine erinnern nach so vielen Jahren oft zuerst kurz an Kuhstall, sozusagen. Dekantieren ist dann sicher meist Pflicht.

Diese Weine sollten in keiner bunt gemischten Probe sich sinnlos messen müssen. Sie sollten ein schönes, großzügiges Essen mit besten Freunden krönen.

Michael Holzinger

Monte Olmi zum Zweiten: ein Gesamtkunstwerk

Mein letzter Artikel beschrieb den Amarone „Capitel Monte Olmi“ 2004 von Tedeschi.
https://victorswein.blog/2019/03/03/tedeschi-monte-olmi-2004-ueberzeugend-gereifter-amarone/

Gleich zwei der drei den Betrieb führenden Geschwister Tedeschi kommentierten darauf per Mail den Beitrag, und Riccardo, verantwortlich für die Weinherstellung schrieb: „es stimmt, Amarone altert farblich nicht so gut, aber in den Aromen sehr wohl“. Und zum beschriebenen Jahrgang: „Das Problem des 2004ers (von mir vor zwei Wochen degustiert) ist, dass er im Mund immer noch jung ist“. Dem kann ich mehr als zustimmen (ich hatte geschrieben, dass der Wein auch in 10 Jahren noch gefallen werde), aber das Wort „Problem“ würde ich nicht verwenden – da ist keines, der Wein ist einfach nur toll und wird es noch lange bleiben!

Riccardo Tedeschi hat mir auch zwei Fotos des Rebberges zugestellt. So kommen Sie hier also in den Genuss des richtigen Monte Olmi – und nicht nur eines Stimmungsbildes aus der Gegend, wie ich es aus eigenem Bestand verwendet hatte.

Ist das Titelfoto nicht einfach fabelhaft? Diese gepflegte Anlage wirkt auf mich wie feine Architektur, wie Kunst – herrliche Kulturlandschaft . Dieses Foto und die Qualität des Weines – ein Gesamtkunstwerk. Das unbeschnittene Foto hier:

Das nachfolgende zweite Bild zeigt den Rebhang von Monte Olmi im Kontext mit der traumhaften Landschaft des Valpolicella. Im letzten Beitrag hatte ich geschrieben, die Gegend sei einen Abstecher wert. Ich korrigiere mich: sie ist eine Reise wert. Und die Weine eine hohe Beachtung!

Tedeschi „Monte Olmi“ 2004: überzeugend gereifter Amarone

Erledigen wir doch zuerst das Unangenehme – das mit der Buchhaltung: Monetär gelohnt hat sich der Einkauf direkt bei Tedeschi im Jahr 2009 nämlich überhaupt nicht! Erst nach der Rückkehr in die Schweiz merkte ich, dass ich den gleichen Wein bei einem Händler hier sogar etwas günstiger hätte kaufen können.

Diese Aussage gilt für viele Weinkäufe im europäischen Raum, sofern man nicht einen Winzer besucht, der einem ermöglicht, die MWST zurückzuverlangen. So bezahlte ich also die Steuer in Italien, in der Schweiz und gleich auch noch den für Privatversonen höheren Zoll der Schweiz. Nimmt man die 22 % MWST in Italien und schlägt noch einige Prozente darauf, die ein Händler mit Grosseinkauf sicher an Rabatt erhalten kann, liegt man dann auch etwa auf jenen rund 30 % Marge, die ein Weinhändler in der Regel kalkulieren kann und muss.

Frühling im Valpolicella. Das malerische Gebiet liegt nur wenige Kilometer von Verona und vom Gardasee entfernt und lohnt deshalb einen Abstecher!

Trotzdem hat sich der Besuch bei Tedeschi in Pedemonte bei Verona absolut gelohnt. Wir waren in den Ferien und läuteten deshalb unangemeldet beim Weingut. Weil Frau Tedeschi gerade ihren Jungen im Ort abholen musste, waren wir vorerst auch eher ein Stressfaktor. Schliesslich aber genossen wir eine Betriebsbesichtigung und eine umfassende Degustation des Sortimentes mit einer – der Junge war inzwischen daheim – völlig lockeren Frau Tedeschi.

Gekauft haben wir, nebst einem bemerkenswerten Soave Monte Tenda und dem Massstäbe setzenden Ripasso Capital San Rocco auch den Lagen-Amarone Capitel Monte Olmi 2004. Monte Olmi ist ein süd-/südwestorientierter steiler Hang von ca. 2,5 ha in Pedemonte und gilt als Spitzenlage.

Mögen die Amarone von dal Forno und Quintarelli vielleicht noch eine Klasse darüber stehen – gleich danach kommen Weine wie dieser Monte Olmi (nebst den Amarone z.B. von Masi, Degani, Speri, Zymè, Veturini oder Latium).

Der Monte Olmi machte in jeder Reifephase viel Freude, aber die letzte Flasche blieb lange im Keller liegen. Ich habe generell bei Amarone die Erfahrung gemacht, dass sie nicht so langlebig sind, wie ihnen oft nachgesagt wird. Dass ein 2004er noch trinkbar sein würde, war zu erwarten, aber wie viel Freude er noch macht? Nur zu oft waren mir ältere Amarone zu wenig frisch und zu „pampig-süss“. Deshalb habe ich die letzte Flasche Monte Olmi auch immer wieder liegen gelassen, so nach dem Motto „heute mag ich keinen altersschwachen Wein“.

Amarone „Monte Olmi“ von Tedeschi: Sonne im Glas!

Kürzlich habe ich ihn nun doch geöffnet – und siehe da: Die Farbe wirkte zwar schon sehr gereift, mit einem Ton etwas ins Bräunliche. Aber sowohl in der Nase (getrocknete Pflaumen, Lackritze, Lorbeer) als auch im Mund (präsente Säure, feine Tannine, hoher Alkoholgehalt sehr gezähmt eingebunden, Süsskomplex ohne jede Schwere) machte der Monte Olmi einfach nur Spass. Der wird auch in zehn Jahren noch gefallen!

Dass ein Amarone aus angetrocknetem Traubengut gewonnen wird – die Trauben lagern in Kistchen oder auf Gestellen in trockenen Räumen und verlieren durch den Trocknungsprozess an Wasser, was zu konzentrierterem Most führt – ist sicher allgemein bekannt. Spannend hingegen ist ist die Traubenzusammensetzung: Nebst einigen weiteren Lokalsorten besteht der Wein hauptsächlich, und zu etwa gleichen Teilen, aus Corvina, Corvinone und Rondinella. Unbekannt? Eben! Aber der beste Beweis, dass Spitzenweine nicht nur aus den international bekannten Sorten entstehen können!

http://www.tedeschiwines.com/
https://www.vinothek-brancaia.ch/catalogsearch/result/?q=tedeschi
http://buonvini.ch/46-italien#/produzenten-tedeschi


Wenn ein 15-Punkte-Wein plötzlich 18,25 erreicht.

Wie ernst darf man die Noten in Chandra Kurt’s Weinseller nehmen?

Dass ich „Weinseller“ aus dem Supermarkt in der Regel nicht so toll finde, geht schon aus dem Text auf meiner Startseite hervor. Mich ärgert, wenn Weine angeboten werden, die nur etwa viermal mehr kosten, als die Verpackung (Flasche, Verschluss, Etikette), in der sie stecken. Da kann für einen redlich arbeitenden Winzer, egal wo auf dieser Welt, einfach kein vernünftiger Ertrag mehr drin liegen. Das ist eine ökonomische, ethische, gesellschaftliche und vermutlich auch ökologische Zumutung!

(Natürlich gibt es auch im Supermarkt, oder jedenfalls in einigen davon, wirklich gute Weine zu ethisch verantwortbaren Konditionen. Ich kaufe selbst zuweilen auch dort ein, aber ein Wein zu 2.79 [so viel kostet der billigste Wein im Weinseller], 4 oder 5 Franken – das kann einfach nicht mit anständigen Dingen zugehen).

Nun gibt es eben diesen jährlich erscheinenden „Weinseller“, der sich den Angeboten aus den Grossverteilern annimmt. Und diese Woche bin ich selbst wieder mal darauf hereingefallen! 18,25 Punkte erreichte dort der bestbenotete Wein, ein Amarone aus dem Jahrgang 2014. Zufällig war dieser gerade noch in Aktion zu Fr. 22.50 erhältlich, also habe ich eine Flasche gekauft.

Die Degustation? Ernüchternd!

Mittleres Rot mit orangen Reflexen; Dörrpflaumen- und Brombeerduft, altes Holz, etwas brandig in der Nase; im Mund schon erstaunlich gereift, schlank, zurückhaltende, aber trocknende Tannine, mässige Säure, prägnant alkoholischer Abgang.

Der Wein ist nicht schlecht, er ist soweit korrekt gemacht, ausser dem alkoholischen Touch ohne Fehler, aber er hat nicht das Geringste mit einem spannenden Amarone zu tun. Es fehlt jeder Spassfaktor – meine Familie meinte, zu einer Pizza oder einem Pesto würde er gerade so knapp durchgehen (wobei ich dann trotzdem einen Ripasso oder gar einen „normalen“ Valpolicella eines guten Produzenten bevorzugen würde, was erst noch günstiger wäre). Im Normalfall kostet dieser Amarone Fr. 27.50. Für fünf bis zehn Franken mehr bekommt man im Fachhandel einen (Basis)-Amarone von Tedeschi, Degani oder Masi – Weine, die dann frisch und kräftig daherkommen und dieses Aufgeld mehr als wert sind.

Bleibt die Frage, wie Chandra Kurt dazu kommt, einen solchen Wein mit 18,25 Punkten zu bewerten? Und die Anschlussfrage, wie ein Wein, den sie mit 14,75 Punkten bewertet, munden muss?

Die Antwort auf die erste Frage dürfte wohl darin liegen, dass sich das Buch ja verkaufen soll, und wer kauft schon einen Weinführer, dessen bester Wein 15 Punkte bekommt? Vielleicht neigt man aber auch einfach während der „Strafaufgabe“, hunderte mässiger Weine zu degustieren dazu, einen, der ein wenig besser ist, in den 18,25-Punkte-Himmel zu heben?

Der Anschlussfrage, wie mundet ein 14,75-Punkte-Wein aus dem Weinseller, werde ich nach der heutigen Erfahrung sicher noch nachgehen. Affaire à suivre!

PS: Mich würde übrigens wundern, zu welcher Punktzahl Chandra Kurt beim Valpolicella Monte Lodoletta von dal Forno greifen würde (vgl. meinen letzten Blog-Beitrag)? Das müssten ja dann locker 22 von 20 Punkten sein 😉

 

Chandra Kurt’s Weinseller, ISBN 978-3-85932-759-7

Valpolicella? Valpolicella! Valpolicella? dal Forno!

Für Snobs? Für Snobs! (preislich). Für Snobs? (nein, dal Forno!)

valpolicella
Im Valpolicella, nördlich von Verona (das Bild, vl, zeigt nicht das Gut von dal Forno)

Valpolicella, das war jener Offenwein, den wir in jungen Jahren jeweils in der Pizzeria auswählten, ganz einfach, weil er am billigsten war, und weil der Name nach Italianità klang. Es waren saure, ungehobelte, im besten Fall leicht fruchtige, oft aber eher nach Essig schmeckende Weine, die aus heutiger Sicht eigentlich nur das Prädikat „ungeniessbar“ verdienten.

Das Vorurteil hielt sich lange, auch wenn Namen wie Tedeschi oder Masi schon bald für richtig gute Weine aus dem Gebiet nördlich von Verona standen. Aber trotz schönen Amarone und zuweilen auch respektablen Ripasso, so ganz zu den grossen Weinbaugebieten habe ich Valpolicella lange nicht gezählt. Geändert hat sich das etwas später, an einem lauen Vorsommerabend am Gardasee, wo wir einen Wein von Quintarelli tranken. Dieses Erlebnis bewog mich, endlich etwas mehr über das Gebiet zu lesen. Das Weinbuch Venetien/Friaul von Walter Filiputti, mit vielen Portraits von Winzern, war da sehr hilfreich. Filiputti, eine Kapazität für die Weinregion, damals noch selbst sehr angesehener Winzer im Friaul und Uniprofessor für Wein in Udine (letzteres, Irrtum vorbehalten, noch heute), schwärmte darin überschwänglich über Quintarelli und vor allem dal Forno. Wenn ein Winzerkollege zwei aus seiner Gilde so hoch lobt, dann muss ja etwas daran sein.

Spannend an der Geschichte ist, dass es die Weine von Romano dal Forno in der heutigen Art ohne jene von Quintarelli vermutlich gar nicht gäbe. Der junge dal Forno war so begeistert von Quintarelli, dass ihn dies zu höchster Qualitätsbessenheit antrieb (vgl. Link unten, palatepress.com). Ist das nicht eine wundervolle Geschichte? Qualitätsarbeit fördert Qualitätsarbeit!

Kürzlich konnte mein Portemonnaie mich nicht zurückhalten, und ich habe eine Flasche Monte Lodoletta, Valpolicella Superiore 2008 von dal Forno gekauft. Sie war mit Fr. 78.– etwas teurer als die seinerzeitigen Valpolicella’s aus der Pizzeria. Aber was ist das für ein Wein! Zuerst einmal würde man, blind degustiert, nie auf diese Herkunft tippen. Bordeaux würde man schon eher vermuten, aber irgendwie eben doch nicht, und wenn doch, von wo denn im Bordelais? (sicher nicht aus dem Libournais). Ist es also ein Valpolicella? Es ist ein Valpolicella! Aber ist es ein typischer Valpolicella? Das dann doch nicht!

dalforno

Dunkles, noch jugendliches Rot; Brombeeren, Kirschen, Pfeffer, Pinienduft; gut eingebundene Säure, feine Tannine, ausgewogen, lang, immer noch absolut jugendlich. Fazit: Einfach ein ganz grosser Wein, der noch lange reifen könnte.

Wohl vermerkt, es handelt sich hier um einen „normalen“ Valpolicella Superiore, nicht also um einen der Amarone von dal Forno, die geradezu umwerfend sind, aber auch etwa den 4-fachen Preis kosten. Allerdings werden bei dal Forno auch bei diesem Wein die Trauben etwas angetrocknet, es handelt sich also sozusagen um einen „kleinen Amarone“.

Die Zukunft des Weingutes scheint gesichert. Romano dal Forno ist inzwischen kurz vor dem Pensionsalter, aber seine drei Söhne sind führend mit im Betrieb tätig. Die Arbeitsaufteilung lässt hoffen, dass kein Kompetenzgerangel entstehen wird. Marco ist für die Reben, Luca für den Keller und Michele für das Marketing verantwortlich.

Und das Fazit: Normalerweise liegt der Preis dieses Weines weit über der Grenze, die ich noch bereit bin, für einen Wein auszugeben. Hier hat es sich aber sicher gelohnt. Dieser dal Forno zeigt exemplarisch, dass kompromissloses Qualitätsstreben zu wundervollen Resultaten führen kann. In diesem Sinne mag es snobistisch sein, solchen Wein zu kaufen. Aber das sinnliche Erlebnis, die Erkenntnis, dass Valpolicella so viel mehr sein kann als das, war ich in der Jugend davon ahnte, lohnt den Kauf einer solchen Flasche allemal!

http://www.dalfornoromano.it/

http://palatepress.com/2011/10/wine/a-valpolicella-legend-an-interview-with-romano-dal-forno/

https://www.schweizerische-weinzeitung.ch/quintarelli-dal-forno/

Walter Filiputti, die grossen Weine der Welt, Venetien und Friaul, ISBN 3426272148 (ISBN-13: 9783426272145)