Fredi Strasser’s Lebenswerk: Ein Buch als „Muss“ für wirklich alle Weinfreunde!

Wenn Sie noch ein tolles und sinnvolles Weihnachtsgeschenk für einen Weinfreund suchen: voilà! Ein Schweizer Pionier im biologischen Rebbau hat ein Buch herausgegeben, das faszinierend ist. Und es passt eben wirklich für alle. Für ökologisch eingestellte Weintrinker, weil es bestätigt und Wissen ergänzt. Aber noch viel mehr für alle anderen, weil es völlig undogmatisch eine neue Sicht auf Reben und Umwelt vermittelt – und zum Denken anregt!

Das Buch heisst „Pilz-resistente Traubensorten“ – und der Titel ist eigentlich das am wenigsten Präzise daran. Es ist zwar gemäss Verlag eines der ersten „Piwi-Bücher“ überhaupt. Aber eigentlich ist es viel, viel mehr, nämlich ein Vermächtnis eines der grossen Bio-Pioniere im Rebbau, und eine faszinierende Beschreibung, wie ein Winzer mit umweltgerechten Methoden die Reben und den Boden ohne Gift ins Gleichgewicht bringen kann.

Fredi Strasser in seinem Element: So spannend wie er erzählt, liest sich sein Buch.

Aber vor allem: Das Buch ist nie dogmatisch, Fredi Strasser schildert einfach sein enormes Wissen, das er sich als „Studierter“ (Ing. Agr. ETH) vor allem auch empirisch im Alltag angeeignet hat. Eigentlich ist es auch ein geniales Lehrbuch. Fredi Strasser schafft es zusammen mit der Mitautorin Franziska Löpfe, auf knapp 250 Seiten einen hervorragenden Überblick über die Wunderpflanze „Rebe“ und ihre Kultivierung sowie die Weinherstellung zu geben. Und ebenso wird auf sehr gut verständliche Art ein grosses Wissen über die Problematik des Rebbaus in Bezug auf Krankheiten und Schädlinge vermittelt – und die verschiedenen Arten, wie man dem als Winzer begegnen kann. Ein ganz wichtiger Teil des Buches widmet sich zudem der Bodenfruchtbarkeit und dem schonenden Umgang mit unserer Lebensgrundlage.

Ich werde nie vergessen, wie Fredi Strasser an einem Rebumgang an beliebigen Stellen eine Sonde in seinen Rebberg gesteckt hat, mit dem Hinweis, dass ein durchlässiger, lockerer und bewachsener Boden nicht nur fruchtbarer ist, sondern bei Niederschlägen auch das Wasser zurückhält und speichert. Er musste deshalb seine Neupflanzungen auch in trockenen Jahre nicht bewässern. Keine zwei Wochen später ergoss sich ein Unwetter mit kurzen, aber sehr heftigen Regenfällen über das Stammertal. Ein Augenschein ergab, dass im Rebberg von Fredi Strasser alles Wasser problemlos versickerte, während es sich ein paar Meter entfernt in einer konventionell bewirtschafteten Parzelle in Sturzbächen auf die unterliegende Strasse ergoss.

Rechts demonstriert Fredi Strasser die Durchlässigkeit seiner Böden. Hier gab es auch nach dem Umwetter keine Schwemmschäden. Links eine herkömmlich bewirtschaftete Parzelle eines anderen Winzers in der Nachbarschaft – wertvoller Boden ist weggeschwemmt.

Ein kleinerer Teil des Buchs widmet sich dem Autor und Biopionier selbst. Und diese Passagen haben es auch in sich. Hier erfährt man einiges über den inneren Antrieb des Autors, aber noch viel mehr über all die Steine und Knebel, die einem Visionär wie Fredi Strasser von der „offiziellen Schweiz“ in den Weg gelegt wurden. Ein bisschen Glück und „Vitamin B“ gehört manchmal auch dazu, wenn man die Steine wegräumen will. Fredi Strasser wurde in sehr jugendlichem Alter der erste Bio-Landwirtschaftslehrer an der Zürcher landwirtschaftlichen Schule Strickhof. Und ebenda besuchte anfangs der 1980er-Jahr ein gewisser Andrea Hämmerle, Biohof-Quereinsteiger und später Nationalrat, die Vorlesungen von Strasser. Es entwickelte sich eine Freundschaft, und dank dieser brachte Hämmerle in der Wirtschaftskommission des Nationalrates den Antrag ein, dass auch neue Rebsorten, und eben auch Piwi, in der Schweiz zugelassen werden. Gegen den Willen des damals zuständigen Bundesrates, und gegen den Widerstand von zwei Westschweizer Winzern in der Kommission („les hybrides – on ne peut pas les boire“) setzte sich Hämmerle schliesslich durch. Damit war der Weg frei, Piwi-Sorten auch in der Schweiz anzupflanzen.

Zwei Freunde veränderten die Schweizer Reblandschaft: Fredi Strasser und alt NR Andrea Hämmerle.

Zurück zum Buch: Es ist ungemein spannend und auch sehr flüssig und lesefreundlich geschrieben, ohne dabei an Substanz zu verlieren. Etwas speziell ist die Kombination aus wissenschaftlichen Erkenntnissen, welche der Ing. Agr. ETH Strasser einbringt, und empirischen Erfahrungen, welche der Naturbeobachter Strasser beisteuert. Ich habe die wichtigsten Passagen einem in Oxford forschenden Mikrobiologen vorgelegt. Er kritisiert als Wissenschaftler zu recht, dass der Unterschied zwischen etablierten Fakten, mit denen ein Abschnitt meistens beginnt, und eigenen Hypothesen nicht klar gekennzeichnet wird. Als wissenschaftliches Buch kann es deshalb nicht durchgehen, aber das war ja wohl auch nicht die Absicht. Trotzdem hält auch der Biologe das Buch als Übersicht für den Laien für durchaus gewinnbringend. Wenig begeistert ist er freilich über den Schlussteil zu Knöllchenbakterien und Mykorrhizen, aber das ist halt ausgerechnet sein eigenes Forschungsgebiet.

Auch über Zucht und Eigenschaften von Piwi-Reben erfährt man einiges, vor allem über die auf Strasser’s Betrieb angepflanzten. Und wem das jetzt immer noch nicht genügt, der sei noch darauf hingewiesen, dass auch die Tiere nicht zu kurz kommen – die gesamte Fauna im Sinne der Biodiversität mit Schädlingen und vor allem auch Nützlingen, aber auch die Haus- und Nutztiere, welche Strasser’s halten und die auch aus dem Rebberg nicht wegzudenken sind.

Pferde (und andernorts Schafe) im Rebberg – ersetzen den Mäher!

Quintessenz: Ich habe kaum je ein Weinbuch derart „verschlungen“ wie dieses. Es schafft den Spagat zwischen moderner Kommunikation und ernsthafter Wissensvermittlung in hervorragender Art. Und es ist wirklich für jeden Weinfreund geeignet:

  • Der Weinfreund, der nur wenig darüber weiss, wie Reben gepflegt werden und wie Wein entsteht, bekommt hier in geraffter Form einen sehr guten Einstieg und Überblick.
  • Der Umweltbewusste wird aus diesem Buch noch lernen können (ich selbst bewirtschafte einen kleinen Rebberg, mehrere Jahre war ich auch biologisch unterwegs, aber ich hatte beim Lesen und beim Rundgang mit Fredi Strasser unzählige „Aha-Erlebnisse“).
  • Der neugierige Weinkenner wird entdecken, dass es sich lohnt, sich mit neuen Sorten auseinanderzusetzen.
  • Vor allem aber für Skeptiker eignet sich das Buch ganz besonders: Wer es liest, und nicht völlig mit Scheuklappen durch’s Leben geht, wird im Minimum den einen oder anderen Denkanstoss erhalten.

Damit würde dann das Buch nicht nur zur Zusammenfassung des Lebenswerks des Fredi Strasser, sondern auch zur Basis für einen schonenderen Umgang mit der Umwelt werden. Was könnte sich der Bio-Pionier Schöneres wünschen?

Fredi Strasser, Franziska Loepfe: Pilzresistente Traubensorten (Reben biologisch pflegen, naturreinen Wein geniessen – das Piwi-Buch), Haupt-Verlag, Bern, ISBN 978-3-258-08187-8. CHF 39.00.
https://www.haupt.ch/buecher/natur-garten/pilzresistente-traubensorten.html


Fredi Strasser und seine Weine:
Fredi Strasser hat Jahrgang 1958 und wuchs in Nussbaumen im Kanton Thurgau als Bauernsohn auf. Strasser lebt heute mit seiner Frau Maria in Stammheim im Kanton Zürich, wo er sein eigenes Weingut betreibt. Wie er zu diesem Gut gekommen ist, kann sehr spannend erzählt im Buch nachgelesen werden.
Er studierte in Zürich an der ETH Agrarwissenschaft, war während Jahrzehnten Lehrer für Biolandbau an der landwirtschaftlichen Schule Strickhof, ist Gründungsmitglied der Stiftung Fintan, eines bio-dynamisch arbeitenden Vorzeige-Betriebes in Rheinau und war auch in der Hauptrolle bei der Neuanlage der imposanten Weinlage „Chorb“, hoch über dem Rhein. Seit rund 10 Jahren besitzt er nun bestes Rebland in Stammheim, welches er nach und nach auf Piwi-Sorten umstellte.

Und wie schmecken seine Weine? Gut! Hier zwei Beispiele:

Soleil d’Or, weiss, 2018
(Cuvée aus Excelsior und Seyval Blanc)
Helles Gelb, intensive in der Nase, florale Töne nach Lindenblüte und Rebenblüte (!), intensiver Lychee-Duft; im Mund recht dicht, spürbare Fruchtsüsse, dezente, aber gut stützende Säure, leichter, erfrischender Bitterton, mittlerer Abgang. Schöner Wein, kaum ein Hinweis auf Piwi! 16,0 Punkte (=gut bis sehr gut).

Maréchal Foch, rot, 2017
Mittleres Rot; sehr fruchtige Nase, Himbeeren und sehr ausgeprägt Walderdbeeren, etwas Kiwi; im Mund wenig Tannin, Säure und Alkohol sehr gut ausgewogen, schlank. Erst ganz am Schluss im mittleren Abgang ganz leicht „foxig“. Gelungener Wein, 15,5 Punkte (= gut).

https://www.stammerberg.ch/ueberuns/betrieb


Und schliesslich noch für alle, die immer noch glauben, „les hybrides – on ne peut pas les boire“:

„Piwi-Weine sind untrinkbar“. Umdenken ist angesagt – hier ein Spitzenwein als Beweis! – Victor’s Weinblog

91-26-26 – ein Piwi-Wein wie ein 6-er im Lotto! – Victor’s Weinblog

Trinken Sie sich mal einen Kater! Und bauen Sie dabei schmerzlos Vorurteile ab. – Victor’s Weinblog

Weinlese – „Wümmet“ – am 19.9.2020: Noch nie so früh im Jahr. Aber so schön, trotz Wespen.

Für einmal vor lauter Freude in eigener Sache: Seit 33 Jahren pflege ich nun meinen eigenen kleinen Rebberg. In den ersten Jahren war es üblich, die Trauben ab dem 20. Oktober lesen zu können, der späteste Termin unseres Wümmet war der 1. November bei 4°. Und nun kommt 2020 ein neuer Rekord nach vorne: Weinlese am 19. September bei 27°!

2020 war wirklich ein spezielles Jahr, und wer noch nicht an den Klimawandel glaubt, könnte sich so langsam mit dem Gedanken befassen! Dabei war der Austrieb der Reben nicht einmal so früh, und es war auch kein aussergewöhnliches Hitzejahr. Aber es war einfach immer warm, und, obwohl es sehr trocken war, auch immer im für die Reben gerade richtigen Moment doch wieder mal mit Regen gesegnet. Einzig nicht so passend war die Blüte, da regnete es oft, was zu einem leichten „Verrieseln“ der Trauben führte.

Es war auch das erste Jahr, in dem ich allein für die 4 Aaren Reben verantwortlich war. Ich schätzte die neue Freiheit sehr und nutzte sie, um eine seit Langem erwünschte rigorose Ertragsbeschränkung vorzunehmen. In fünf Durchgängen von Ende Juni bis Ende August entfernte ich zurückgebliebene Trauben, und schliesslich konnte ich einen Ertrag ernten, der nicht einmal halb so gross war wie früher – obwohl wir auch zuvor nach gängigen Massstäben nie hohe Mengen einfuhren.

Massiv reduzierter Ertrag für hohe Qualität.
Ich erntete 60 Kg auf 400 m2 bzw. ca. 330 g pro Stock.

Ich gehe davon aus und hoffe, dass sich dies auch in der Qualität des Weins niederschlagen wird, auch wenn ich in diesem Jahr aus den Blauburgunder-Trauben „nur“ einen Blanc de Noirs herstellen lasse. Eigenen Rotwein habe ich noch zur Genüge (man will ja nicht immer nur den gleichen Wein trinken ….)

Die Ernte war auch deshalb speziell, weil es an diesem 19. September 2020 27° warm wurde. Erstmals überhaupt begann ich deshalb schon am frühen Morgen mit der Ernte (normalerweise muss man die Sonne abwarten, damit sie die Feuchtigkeit des Nebels trocknet). Diesmal war es anders, denn zu hohe Temperaturen tun dem Traubengut nicht gut. Das Timing war perfekt, kurz nach Mittag war die Ernte beendet, und genau da schaffte es die Sonne durch den Hochnebel.

Das wunderbare Herbstwetter der letzten Wochen erlaubte es aber auch, absolut gesunde Trauben ohne jegliche Fäulnis zu ernten – ein Traum für unsere Breitengrade! Trotzdem war die Lese herausfordernd: Die Wespen hatten auch Freude am guten Wetter und leider auch an den Traubenbeeren. Es gab fast keine Traube, die nicht ein oder mehrere angefressene Beere(n) aufwies. Und so war die Lesearbeit doppelt sinnlich: Jede Traube musste begutachtet und angefressene Beeren entfernt werden, weil sonst unerwünsche Essig-Bakterien in den Wein gelangten könnten. Dabei spielt natürlich das Auge eine wichtige Rolle, aber ebenso die Finger, welche mit einem Abtasten der Trauben so manche ausgehöhlte Beere spüren, die von blossem Auge unentdeckt bliebe.

Ganze Arbeit der Wespen: Eine Beere ist völlig ausgehöhlt!

Kurzum: Die Ernte 2020: Friedlich, stresslos, sinnlich! Einfach ein tolles Erlebnis. Wenn da nur nicht die Frage wäre, was mit dem Klima und uns passiert.

Mein Freund, der Baum …

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Hochstammbaum der den grossen Sturm überlebt hatte – nun rücksichtlos gefällt

Man sehe mir nach, wenn ich – österlich gestimmt -, für einmal eher philosophisch denn önologisch schreibe.

Nahe unseres Wohnortes standen bis letzten Sommer zwei Hochstamm-Apfelbäume, die nicht nur landschaftlich schön waren, sondern auch der Natur dienten und jährlich schönen Ertrag erbrachten. Der eine fiel einem „Superzellen-Sturm“ zum Opfer, der andere nur Monate später einem Landwirt. Und dies in einem Moment, wo die Gemeinden und weitere Organisationen nach dem grossen Sturm vom letzten Jahr versuchen, mit einer Aktion und finanzieller Beteiligung zur Neupflanzung von Hochstammbäumen beizutragen:

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Pressebericht im „Landbote“ über Neupflanz-Aktion.  https://www.landbote.ch/front/die-arbeit-nach-dem-sturm-fuer-generationen/story/25141299

Solidarität ist keine Einbahnstrasse

Sensibilität und Solidarität sehen anders aus: Während die Behörden des Tals versuchen, Neupflanzungen anzuregen, fällt ein anderer gnadenlos einen Baum im besten Alter. Eine solche Aktion ist sicher nicht imagefördernd für die Landwirtschaft; das können auch zehn blumenprächtige Brachen mit tollen Imagetafeln nicht wettmachen! Dabei dürften die Bauern in nächster Zeit den Goodwill der Bevölkerung brauchen, etwa bei möglichen Abstimmungen über Freihandelsabkommen.

Klug ist die Baumfällung überdies auch deshalb kaum, als damit das natürliche Gleichgewicht weiter gestört wird, wenn auch in diesem Einzelfall kaum direkt spürbar. Es gibt ja inzwischen längst Beispiele dafür, dass sich das Gegenteil, eine Förderung der Artenvielfalt, auf mittlere und lange Frist auch ökonomisch lohnt. Aber dazu muss man gewillt sein, ausgetretene Pfade zu verlassen. * (siehe z.B. Link unten)

Ich habe mich mit dem baumfällenden Bauer unterhalten, und böse sein kann man ihm, trotz Vorwurf der mangender Sensibilität, eigentlich nicht. Aus seiner Sicht macht er alles richtig: Die Landwirte sind finanziell unter Druck, die Produktion muss effizienter werden, sonst geht man als Bauer unter. Und da stört ein Baum eben diese Effizienz, „ich muss zufahren können“, war seine Begründung. Und nachgeschoben, dass „man weder Most noch Äpfel mehr kostendeckend verkaufen kann“.

Unsere Landwirtschaftspolitik und unser Konsumverhalten sind ver-rückt! Wir Steuerzahler unterstützen die Schweizer Landwirte mit Subventionen von jährlich 2,3 Milliarden Franken. Aber wir schaffen es nicht, damit zu verhindern, dass die Bauern die Äste (resp. in diesem Fall Bäume), auf denen sie sitzen, umhauen, ja aus ihrer Optik umhauen müssen! Mich erinnert das Ganze an gewisse Gebiete in Indien, in denen die Einwohner ihre Lebensgrundlagen – Bäume und Wälder – zerstören, um kochen zu können.

Und unsere Grossverteiler mischen fröhlich mit: Aktuell sind Spargeln aus Mexiko und den USA sowie Erdbeeren aus Marokko nicht nur erhältlich, sondern in Aktion! Damit sind die Konsumenten dann schon gesättigt, wenn Schweizer oder wenigstens europäische Ware auf den Markt kommt. Eben: ver-rückt!

Solidarität ist wirklich keine Einbahnstrasse

Nur wenn wir Konsumenten wieder bereit sind, solche Aktionen auszulassen und überdies für ein naturnah produziertes, gesundes Lebensmittel einen anständigen Preis zu bezahlen, kann der ganze Teufelskreis durchbrochen werden. Dann wird es sich auch für einen Landwirt wieder lohnen, Äpfel anzupflanzen und den Mehraufwand bei der Bewirtschaftung der umgebenden Fläche auf sich zu nehmen.

In diesem Sinne liegt es wirklich auch an uns Konsumenten: Solidarität ist auch von dieser Seite betrachtet keine Einbahnstrasse. Solange wir aber – und damit finde ich den Bogen zum Wein jetzt doch noch – Weine im Supermarkt für Fr. 2.79 kaufen und uns dabei nicht bewusst sind, damit eine menschen- und naturverachtende Industrie zu unterstützen, so lange dürfen wir uns nicht mit gutem Gewissen über baumfällende Bauern aufhalten.

 

Link auf Artikel von Markus Brupbacher im Landbote:
https://www.landbote.ch/front/die-arbeit-nach-dem-sturm-fuer-generationen/story/25141299

‚* ein willkürlich gewähltes Beispiel:
https://www.delinat.com/biodiversitaet.html

 

 

Bodenständig, aber gut

Vom Reiz eines „einfachen“ Weins einer Genossenschaft

stammheim
Die Rebberge von Stammheim im vergangenen Herbst (Bild vl)

Der heutige Beitrag beginnt nochmals mit Niklaus Zahner aus Truttikon. Vgl.
https://victorswein.blog/2018/03/11/zur-illegalitaet-verfuehrt-zum-glueck/

Soeben hat mich der neuste Aussand von Zahner erreicht. Thema ist dabei ein Rückblick auf die beiden letzten Jahre, in denen zweimal Frost und dazu einmal Hagel massive Schäden anrichteten. Natürlich kann Zahner aus der Position des Etablierten schreiben, dennoch ist seine Aussage wohtuend:
„Wir mögen uns nicht grämen über zwei kleinere Ernten nach 20 Jahren Milch und Honig. Vielmehr sehen wir sie als Ausgleich für „vorgezogene Erträge“ und blicken mit Vertrauen der kommenden Saison entgegen„. Und noch ein Bonmot aus dem gleichen Aussand: „Eine Frostversicherung gibt es so wenig wie eine Versicherung gegen Steuern oder Weltuntergang“.

Nun aber zum Thema: Ich war gestern an einem Anlass, an dem zuerst ein Weisswein gereicht wurde, der wenige Kilometer weit entfernt vom oben erwähnten Weingut von Zahner wächst. Dieser Müller Thurgau war absolut enttäuschend (genau so schlecht, wie ich den Riesling x Sylvaner von vor 30 Jahren in Erinnerung habe), so dass ich mit vollem Weissweinglas sofort zum Roten wechselte.

Und dieser hat mich dafür total begeistert. Ein Pinot noir der Stammheimer Winzergenossenschaft aus der Halbliterflasche, aber in einer Qualität, die für einen einfachen Wein mehr als erstaunlich ist: Auf der Homepage der Genossenschaft wird der Wein so beschrieben:
Typische Pinot Noir Aromen nach Erdbeere, Himbeere, Rose und Zwetschge. Ein Rotwein mit gut strukturierter Fülle und harmonischer Trinkreife.

Dem ist nichts beifügen, ausser, dass dieser Wein einfach den ganzen Nachmittag und Abend mit jedem Schluck Freude machte. Und dass er – in der 75cl-Flasche – nur Fr. 11.30 kostet! Natürlich ist es kein grosser Wein, aber wenn ich die Wahl zwischen einem durchschnittlichen „Strassen-Burgunder“ (dieser Ausdruck besteht deshalb, weil diese Weine aus der Ebene östlich der grossen Weinbaudörfer der Côte d’Or, unten an der Landstrasse, stammen)  dann ziehe ich den Pinot der Stammheimer Winzerbaugenossenschaft jederzeit klar vor.

Und das schreibe ich jetzt wirklich nicht aus Lokalpatrotismus – im Gegenteil, ich habe dabei festgestellt, wie erschreckend wenig ich über diese örtliche Genossenschaft weiss. Gleiches gilt für einige der Winzer im Tal – ich werde deshalb künftig in sehr loser Folge hier auch mal mit vertieftem Lokalkolorit darüber berichten.

http://www.stammheimer-winzer.ch/home