Lucente – Licht und Wärme aus der Toskana für dunkle Wintertage.

Die Tenuta Luce delle vite in Montalcino produziert hervorragende, aber auch teure Weine wie den Luce oder den Luce Brunello. Indessen bietet das der Familie Frescobaldi gehörende Gut auch eine Klasse tiefer mit dem „Lucente“ einen tollen Wert – so richtig, um in diesen kalten Tagen den warmen Süden Einzug halten zu lassen.

Frecobaldi – zusammen mit Antinori ist das der ganz grosse Familienname im Weinbereich Italiens. Das Familienunternehmen hat eine schon fast unwirklich lange Geschichte, denn die ersten dokumentarisch gesicherten Hinweise auf Weinbau datieren von 1308. Reich wurden die Frescobaldis allerdings ursprünglich mit Finanzgeschäften und dem Textilhandel.

Weine für Katharina von Medici und für Michelangelo

Die Frescobaldis, bzw. korrekt de‘ Frescobaldis, belieferten in der Folge den fanzösischen (unter Katharina von Medici) und den englischen Königshof mit Weinen und unterhielten Geschäftsbeziehungen mit den Fugger’s aus Augsburg. Sogar Michelangelo soll mit den Frescobaldis Kunstwerke gegen Wein getauscht haben (Quelle: Wikipedia).

Die Familie behauptet sich nun aber seit Jahrhunderten im Weinbau, und zwar auf enorm hohem Qualitäts- und auch Innovationsniveau. Schon im vorletzten Jahrhundert wurden beispielsweise in Pomino (etwa 40 Km östlich von Florenz in einem Seitental des Arno) auch Chardonnay- und Pinot blanc-Pflanzen angebaut. Es verwundert deshalb nicht und hat eben schon eine lange Tradition, wenn heute der „Benefizio Riserva“ mit Reben aus dem Jahr 1973 einen Massstab für Chardonnay-Weine aus Italien darstellt. Im gleichen Gebiet des Chianti-Rufina werden auf dem Castello di Nipozzano seit über 150 Jahren auch Cabernet Sauvignon und Petit Verdot angepflanzt. Daraus entsteht seit 1983 mit dem Mormoreto ein hervorragender Wein, der als eine Art „Super-Toscan“ auf eine längere Geschichte zurückblicken kann als die meisten anderen. Dass dem Mormoreto seit einigen Jahren auch etwas Sangiovese beigemischt wird, unterstreicht nur, dass die Frescobaldis nicht einfach nur Neuerungen suchten, sondern auch den traditionellen Sorten treu geblieben sind.

Tradition erhält man am besten mit Innovation – das gilt auch beim Wein

Von wegen Sangiovese: Das traditonelle Gegenstück zum Mormoreto ist der Montesodi vom Castello di Nipozzano, ein grandioser Sangiovese. Und der klassische Castello di Nipozzano ist für mich, vor allem auch im Preis-/Leistungsvergleich, einer der am meisten verkannten Chiantis – vielleicht deshalb und zu Unrecht, weil er ein Chianti Rufina und nicht Classico ist.

Sangiovese – das steht auch für Montalcino, selbst wenn die Traube bzw. der meistens eingesetzte Klon hier Brunello heisst. Und auch hier stellt die Familie Frescobaldi auf der Tenuta CastelGiocondo, etwas westlich des Städtchens gelegen, einen grossartigen Brunello di Montalcino her. Dieser Wein war übrigens der erste Brunello, den ich in meinem Leben probieren konnte, und die Erinnerung an dieses Erlebnis ist heute noch sehr lebendig.

Blick über Montalcino in die südtoskanische Landschaft. Die Tenuta Luce delle vite befindet sich einige Kilometer westlich von hier.

Luce und Lucente – und die Geburtshilfe von Robert Mondavi

Der heute vorgestellte Wein stammt auch aus dieser Gegend, ist aber kein Brunello und enthält nebst Sangiovese auch Merlot. Anfangs der 1990er Jahre wurde die Tenuta Luce als joint venture der Familien Frescobaldi und Mondavi gegründet – aber 2005 von Lamberto Frescobaldi ganz übernommen. Das Weingut befindet sich in der Nähe von CastelGiocondo und besitzt auch einen Teil Land in den Gemarkungen von Montalcino (und deshalb gibt es nebst dem „Luce“ auch einen „Luce Brunello“). Der „Luce“ ist der erste Wein, der in Montalcino aus einer Assemblage von Sangiovese und Merlot hergestellt wurde. Er ist grossartig (auch wenn einzelne Kritiker das früher zuweilen anders sahen), hat aber auch seinen (dreistelligen) Preis.

Der „Lucente“ ist so etwas wie sein kleiner Bruder und wird in beachtlicher Menge hergestellt (6-stellige Flaschenzahl). Ihn als Zweitwein abzutun, würde ihm aber nicht gerecht. Der Lucente ist ein wirklich toller Wein, der nicht nur, aber gerade in dunklen und kalten Winterzeiten mit seiner eleganten und gleichzeitig kraftvollen Fülle so richtig Licht ins Dunkel bringt. Und mit rund 30 Franken ist er auch noch bezahlbar.

Von wegen Licht: damit sind wir bei der Etikette. Als dem Zeitgeist entspechend kann man diese ja nicht gerade bezeichnen. Das ist auch nicht verwunderlich, wurde doch das Symbol der Sonne ähnlich gestaltet, wie jenes, das sich am Hochaltar der Kirche Santo Spirito in Florenz befindet – einer Kirche übrigens, die einst auf einem Landbesitz der Familie Frescobaldi erreichtet wurde. So steht die Etikette also auch als Symbol für das – bei aller Innovationskraft – weiterhin bestehende Traditionsverständnis der Frescobaldis. Und wer weiss, vielleicht schlägt das Pendel zurück und eines Tages entspricht sogar die Etikette wieder dem Zeitgeist. Der Wein tut es jedenfalls schon heute.

Lucente 2020, Tenuta Luce delle vite, Toskana IGT
Dunkles, dichtes Purpur; feiner Duft nach Dörrpflaumen, Cassis, Brombeeren, Bergheu, leichter Vanille-Touch; im Mund sehr dicht und mundfüllend, rund und ausgewogen, viel feines Tannin, schön angepasste Säure und tolle Frische; ein Powerwein, der aber auch eine sehr sanfte, elegante Seite hat. Alles andere aus „nur“ ein Zweitwein. 17 Punkte.

Tenuta Luce – Toskanische Weine von Montalcino
Man kann hier übrigens auch übernachten.

Und mehr über Frescobaldi und die weiteren Güter der Familie hier:
Innovatives Traditionsweingut Toskana | Frescobaldi


Interessennachweis: Der Lucente 2020 wurde mir von der Tenuta Luce delle vite zu Degustationszwecken frei von jeder Verpflichtung gratis zur Verfügung gestellt.

Löwengang – faszinierender Chardonnay aus dem Südtirol.

Der Name Lageder steht bekannterweise für herausragende Weinqualität aus dem Südtirol. Der Chardonnay aus dem Ansitz „Löwengang“ wird inzwischen seit 36 Jahren angebaut, und man spürt die lange Erfahrung: Der Jahrgang 2016 ist ein bewegender, vibrierender, begeisternder Wein. Vielleicht auch, weil der bio-dynamisch produziert wird.

Eigentlich steht der weisse Löwengang (es gibt auch den roten Cabernet) für fast alles, was ich in meinem Blog normalerweise nicht beschreibe: Er ist teuer (rund CHF 50.00), er ist keine Entdeckung (welcher Weinfreund kennt Lageder nicht), er ist nicht rar (es werden rund 38’000 Liter hergestellt) und es handelt sich auch nicht um einen Wein aus einer unbekannten Rebsorte (hier erübrigt sich der Klammertext). Aber er hat etwas Besonderes an sich, und er hat mich mit seiner zurückhaltend-edlen Art fasziniert – sozusagen meine Seele berührt! Ich habe schon noch edlere Chardonnays im Glas gehabt, aber eher selten einen, bei dem einfach alles in einem perfekten Gleichgewicht ist: löwengang flasche

Er ist fruchtig, sogar etwas exotisch fruchtig, aber nicht zu sehr, er verfügt über eine perfekt eingebundene und stützende Säure, er wirkt frisch wie Quellwasser und ist trotzdem dicht und „füllig“, das Holz ist spürbar, aber nur dezent begleitend, sein Abgang will nicht enden. Ein Ausbund an Frucht, Eleganz, Finesse und Harmonie und ein Wein, der diese Spannung bis zum letzten Schluck beibehält!

 

Die Familie Lageder kaufte den Ansitz Löwengang in Margreid im Süden des Südtirols, nahe an der Sprachgrenze, im Jahr 1934. Schon damals wurden hier „internationale Sorten“ angepflanzt, so auch Chardonnay. Trotzdem galt Lageder im Jahr 1984 als Exot, als er den ersten Jahrgang des „Löwengang Chardonnay“ produzierte und auch noch in Barriques ausbaute. Dabei hatte er dafür einen berühmten Mentor: Alois Lageder sagt dazu selbst, dass Robert Mondavi 1981 den Impuls gab, indem er anregte, traditionelle Wege zu verlassen und Neues zu wagen – und unter anderem auch, den Wein auf der Hefe zu lagern. Mit dem Einsatz von Eichenholz und noch dazu unter Reduktion des Ertrages machte Lageder damals so ziemlich das, was zu jener Zeit als verrückt galt!

löwengang
Der Eingang ins „Weinparadies“ Löwengang. (Bild: Download Lageder, Foto Gianni Bodini)

Neue Wege verfolgt Lageder auch in der Bewirtschaftung der Reben. Seit 2004 wird der Familienbetrieb nach biodynamischen Grundsätzen geführt – Demeter-zertifiziert. Es ist immer wieder faszinierend, dass diese Methode ganz spezielle, faszinierende und irgendwie „vibrierende“ Weine hervorbringt.

Es lohnt sich übrigens, den Instragram-Account von Lageder zu abonnieren. Hier werden immer wieder tolle Bilder gezeigt, etwa, wie Kühe und Schafe im Rebberg weiden oder wie sich ein Fasan zwischen den Rebzeilen wohl fühlt!

https://aloislageder.eu/
https://www.instagram.com/alois.lageder/

In der CH u.a. erhältlich bei Bindella, http://www.bindella.ch