Bandol? Ferien am Mittelmeer. Aber vor allem toller Wein!

Me(h)er als ein Lichtblick: Château Pibarnon

bandol
Weinbaugebiet Bandol mit Blick auf Le Castellet: wenig bekannt, völlig unterschätzt! (Bild vl)

Bandol – das bedeutet für viele bestenfalls eine Feriendestination am Mittelmeer – Sonne und Strand, und sehr nahe des Calanques-Nationalparks, jener wundervollen Kalkstein-Küstenformation, welche Alpen-Feeling direkt am Meer ermöglicht.

Bandol – das ist aber auch ein Weinbaugebiet mit fast 1’500 Hektar Fläche – und eine Weingegend, die völlig abseits des Mainstreams wundervolle Weine hervorbringt. Zwar gibt es auch spannende Weissweine, und gute Rosés, aber wirklich charakteristisch sind die Roten, die zum Hauptteil aus der kapriziösen Rebsorte Mourvèdre erzeugt werden. Bandol, das ist ohne Zweifel die Mourvèdre-Hauptstadt der Welt.

Meine frühesten Erinnerungen an Bandol-Weine betreffen die heute noch mit zur Spitze gehörende Domaine Tempier, vor allem mit ihren Lageweinen La Tourtine und la Migoua. Die Mourvèdre neigt dazu, Weine mit etwas Kohlensäure hervorzubringen, was (nicht nur) bei einem Rotwein unerwünscht ist. Ich hatte vor 30 Jahren die Gelegenheit, einen Versuch des Gutes mit drei Varianten des gleichen Weines zu degustieren: einmal der Wein „pur“, einmal „chuté une fois“ und dazu „chuté deux fois“. Dabei wurde der gleiche Wein nach der Vinifikation einmal naturbelassen, für die beiden Varianten einmal oder zweimal aus rund 4m Höhe in einen Behälter gegossen. Das erzeugt die gleiche Wirkung, wie wenn ein kohlensäurehaltiges Mineralwasser umgeleert wird – die Kohlensäure entweicht. Mit Abstand am besten fanden alle Degustatoren damals den zweimal umgeleerten Wein, also mit möglichst wenig Kohlensäure.

Heute haben die Winzer in Bandol das Kohlensäure-Problem offensichtlich im Griff; kaum ein Rotwein ist mehr kohlensäurehaltig. Gebieben ist die charaktervolle Art eines Mourvèdre-Weins. In der Jugend sind die Weine „wild“ und unnahbar, mit etwas Reife werden sie, ohne an Charakter zu verlieren, sanft wie Samt und Seide.

Soeben, völlig begeistert, haben wir den 2012er von Château de Pibarnon probiert und genossen. Nun ist das Gut ja keine Entdeckung, es gilt allgemein als das beste in Bandol. Und trotzdem, der Wein ist bemerkenswert und einen Beitrag wert. Noch vor einem Jahr war er ziemlich wild und unzugänglich, ich notierte damals „nicht reif, aber viel Potential“. Heute, im Alter von sechs Jahren, zeigt er sich ganz anders:

Mittleres, glänzendes, immer noch jugendliches Bordeauxrot; in der Nase dunkle Früchte (schwarze Kirschen, Heidelbeeren, reife Trauben), würzig (Pfeffer, Oregano), leichter Vanilleton; im Mund schöne Säure, reife, feine Tannine, wie Samt und Seide, mit sehr langem Abgang. Toller Wein, den ich manchen höherkotierten Provenienzen, durchaus auch gutem Bordeaux, vorziehe.

(90 % Mourvèdre, 10 % Grenache)

Château Pibarnon umfasst rund 50 Hektar Reben, in wunderschöner, teils amphiteatherähnlicher Lage auf rund 300 m (schauen Sie selbst auf der Homepage, Link unten), und trotzdem in Meeresnähe. Das Gut gilt – augenscheinlich zu recht – als absolut führend in Bandol. Nebst dem hier beschriebenen „Flaggschiff“ werden auch tolle Rosés und Weissweine produziert.

https://www.pibarnon.com/en/
Bezugsquellen: Diverse, am besten „googlen“, sonst hier (jüngerer Jahrgang):
https://www.martel.ch/shop/chateau-de-pibarnon.html

Und im Artikel auch beschrieben:
https://www.domainetempier.com
Bezugsquellen; dito, sonst: www. divo.ch

C’est bon. Ta gueule!

Château d’or et de gueules – das Wortspiel im Titel drängt sich halt auf. Aber den Mund

dor2

halten kann ich hier nicht. Und der Name des Châteaus hat auch einen ganz anderen Ursprung. Das Familienwappen der Besitzer Puymorin besteht aus den Farben gold und rot. Und rot heisst offenbar in der französischen Heraldik „gueules“.

Aber der Reihe nach: Diesen Tipp verdanke ich einem weinbegeisterten Kollegen mit Ferienwohnsitz in Südfrankreich (er kennt ja so viele tolle Adressen in Südfrankreich – nur, dass auch Pinot aus unseren Breitegraden gut ist, muss er noch lernen!).

Er führte uns vor vier Jahren zu diesem Weingut, und ich gebe zu, dass ich mit jedem Kilometer, den wir uns von Avignon nach Süden entfernten, mehr zweifelte, ob das eine gute Erfahrung werden würde. Wir kamen schliesslich an, direkt am Rand der Camargue, und in dieser Gegend hatte ich vor allem Erinnerungen an eigenartigen „vin de sable“, ein gris de gris der sehr einfachen Art.

Die Vorurteile vergingen mir beim Degustieren. Während die Basisweine sauber und ehrlich waren, überzeugten die Spitzenweine allesamt. Das begann schon mit dem weissen „Tresagum“, einer Assemblage mit Roussanne und Grenache blanc aus dem Holzfass: gehaltvoll, fruchtig, kräftig, vielleicht etwas gar alkoholreich, aber eindrücklich und weit weg von einem Durchschnittswein. Und dann erst recht die Roten: ein reinsortiger Carignan, ein wuchtiger, hauptsächlich aus Mourvèdre vinifizierter „Super-Bandol“, nicht von ungefähr „La Bolida“ genannt.

Und der Castel Noù! Castel Noù? Die feine Anspielung auf Châteauneuf-du-Pape ist unverkennbar, und sie wird zu recht verwendet. Der hauptsächlich aus Grenache gekelterte Wein erinnert sehr wohl an einen Châteauneuf. Man muss sich nun nicht gleich den besten Grenache der Welt, Château Rayas, als Vergleich vorstellen. Dazu fehlt es dem Castel Noù dann doch an Finesse. Aber mit einem durchschnittlichen Châteauneuf (und der Durchschnitt ist inzwischen ziemlich hoch) kann er sich sehr wohl messen. Bringt man noch den Preis ins Spiel – 18.50 Euro – dass wird er zum südfranzösischen Preis-/Leistungssieger.

Eben getrunken Jahrgang 2010: dunkles, noch sehr präsentes Purpur, in der Nase Zwetschgen und Kirschen, im Mund feine Tannine, erstaunliche Säure, enorme Kraft und Fülle, lang. Einzige Kritik: Der hohe Alkoholgehalt nimmt dem Wein etwas an Finesse.

Wenn der Wein aus Châteauneuf stammen würde, hätte er vermutlich keine Aufnahme in meinen Blog bekommen. Aber dass man in einer für Spitzenwein unbekannten Gegend (AOC Costières de Nîmes) einen so hochklassigen Wein herstellen kann, verdient höchste Anerkennung.

Und zum Schluss, es wird fast zum „runnnig gag“: Vor ein paar Wochen bekam ich einen Werbeaussand des Gutes, und was lese ich da? „Le choix de l’agriculture biologique reflète notre engagement à préserver notre terroir“.

Dem ist eigentlich nichts beizufügen.

Ausser: Biologisch bewirtschaftete Reben bringen in der Regel tiefere Alkoholgehalte. Das würde dann bedeuten, dass mein einziger Kritikpunkt, der spürbar hohe Alkoholgehalt, künftig tiefer liegen wird. Man braucht nun nicht gerade an Château Rayas zu denken, aber ….

http://www.chateau-or-et-gueules.com