Amigne: Walliser Rarität mit enormem Potential

Amigne, das tönt schon so liebevoll. Und der Wein aus dieser Sorte ist es auch. Sei es in der trockenen Variante, wo eine Amigne sanft, aber mit viel Tiefgang über die Kehle rinnt, sei es in süsser oder halbsüsser Variante, in der liebliche Weine im besten Sinn des Ausdrucks entstehen.

Eine Rarität ist eine Flasche Amigne auf jeden Fall: Die Sorte wird nur auf rund 43 Hektar angepflanzt und kommt praktisch ausschliesslich im Wallis vor. Der grösste Teil der Flächen befindet sich in Vétroz, etwas westlich von Sion.

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Walliser Reblandschaft bei Vétroz, der Hochburg der Amigne

Lange Zeit war man der Ansicht, bei der Amigne handle es sich um eine antike Traubensorte. Der Schweizer Spitzen-Ampelograph José Vouillamoz konnte aber per DNA-Analyse nachweisen, dass die Amigne ihren Ursprung im Wallis hat – es handelt sich also um eine der wenigen wirklich autochthonen Sorten des Tals!
Wer sich für die Arbeit von José Vouillamoz interessiert, hier der Link: (Der Besuch der Homepage lohnt sich übriges schon der herrlichen Bilder auf der Startseite wegen!)
http://www.josevouillamoz.com/

Erfreulicherweise befindet sich auch diese Rarität im Aufschwung. Immer mehr Winzer besinnen sich darauf, dass Spezialitäten auf lange Frist wohl einen besseren Absatz haben als austauschbare internationale Sorten. Die Winzer von Vétroz sind sogar noch einen Schritt weitergegangen und haben die Amigne zu ihrem eigentlichen Imageträger gemacht.
http://www.amigne.ch/de/amigne.html.

Auf unserer Degustationstour im Mai konnten wir bei vier verschiedenen Winzern in resp. nahe Vétroz Amigne probieren, und alle haben überzeugt (Cave la Madelaine, Cave les Ruinettes, Cave du Vieux-Moulin und Domaine Thierry Constantin) – auch wenn ich persönlich selbst bei nur leicht restsüssen Weinen halt nie wirklich ins Schwärmen komme.
(Links zu allen vier Winzern siehe oben, http://www.amigne.ch, unter „Erzeuger“)

Auch der grösste Weinhändler der Schweiz „kann“ Amigne, und wie!

Dass die Grösse eines Weinhauses kein Hindernis für sehr guten Wein sein muss, beweist die Amigne von Maurice Gay (wie übrigens auch immer wieder die Weine der Walliser Genossenschaft Provins, dem grössten Schweizer Weinproduzenten). Das Weinhaus Gay wurde 1883 gegründet, gehört aber heute zur Schenk-Gruppe, dem grössten Schweizer Weinimporteur und Weinhändler. Die Weine von Maurice Gay werden aber weiterhin unter dem eigenen Namen geführt (wie es überhaupt ein Erfolgsrezept von Schenk zu sein scheint, die vielen Güter eigenständig beibehalten zu haben). Gay ist in Chamoson beheimatet und verarbeitet die Trauben von rund 400 Winzerfamilien aus dem Wallis, die gesamthaft etwa 250 Hektar Reben bearbeiten. Dazu kommen Trauben aus 20 Hektar in eigenem Besitz.

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Die Amigne aus der Produktelinie „valais d’or“, die ich als Einzelflasche versuchsweise gekauft hatte, überzeugt total:
Duft nach Lindenblüten und Feuerstein, floral und in der Nase süsslich wirkend, im Mund mit ausgeprägtem Süsskomplex, aber trocken, eher tiefe Säure, enorm mineralisch, sanft und rund, mit fast nicht enden wollendem Abgang. Ein absolut toller Wein!

https://www.mauricegay.ch/

 

 

 

Walliser Weine: Spitzenklasse!

Nach zwei Tagen in den offenen Weinkellern im Wallis lässt sich nur ein Fazit ziehen: Spitzenklasse! Chapeau!

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Atemberaubende Schönheit: Steillagen bei Chamoson

Besonders sympathisch an diesen Tagen vom 10. – 12. Mai war, dass – im Gegensatz zum Pendant in der Deutschschweiz – im Wallis auch praktisch alle Top-Winzer mitmachten. Solidarität ist hier offenbar kein Fremdwort. So waren sich auch Parker-geadelte Betriebe wie die Domaine des Muses, Gewinner des Grand Prix du Vins Suisse wie Diego Mathier und Cave du Rhodan oder Legenden wie Marie-Thérèse Chappaz nicht zu schade, ihre Top-Produkte zu zeigen.

Ich werde später in diesem Blog auf verschiedene Winzer zurückkommen, das ist qualitätsmässig fast ein Muss. Für heute nur ein kleiner „Flash“ und damit verbunden ein Aufruf an alle Weinfreunde, sich vermehrt mit den Walliser Weinen zu beschäftigen. Denn hier ist nicht nur die Qualität sehr hoch, sondern, gemessen am Aufwand in den teils steilen Terrassen und der Güte der Weine, auch die Preise meist noch vernünftig. Und die Vielfalt der Sortimente ist fast unschlagbar!

Nachstehend ein paar erste Highlights, genannt jeweils der beste Wein pro Rebsorte, den wir verkosteten – und im Wissen, dass eine solche Selektion vielen anderen, hervorragenden Weinen, wohl unrecht tut:

Fendant: David Rossier, Leytron (Grand Cru Leytron).
https://www.david-rossier-vins.ch/de
Johannisberg (Im ganzen Wallis fast immer nur gut; das Wallis als Sylvaner-Hochburg!):
Cave Corbassière, Saillon
http://www.corbassiere.ch
Humagne blanche: Cave la Romaine, Flanthey
http://www.cavelaromaine.com
Petit Arvine (hat generell ein extrem hohes Niveau): Domaine des Muses, Sierre/Granges
http://www.domainedesmuses.ch/
Paien/Heida (auch hier, welch grandioses Niveau, Wallis als Savagnin-Hochburg!): Cave du Vieux-Moulin, Vétroz
http://www.papilloud.com
Viognier: Thierry Constantin, Pont-de-la-Morge. Diese Qualität muss man auch weiter unten an der Rhone zuerst finden!
http://www.thierryconstantin.ch
Marsanne: Marie-Thérèse Chappaz (Grain Ermitage), ein fast übersinnlicher Wein!
http://www.chappaz.ch
Pinot noir: Cave du Rhodan, Salgesch (Grand Cru). Vielleicht nicht das, was man ausserhalb des Wallis von einem Pinot erwartet, aber grossartig!
http://www.rhodan.ch
Humagne rouge: Cave la Romaine, Flanthey (der „kann“ Humagne, weiss und rot!)
http://www.cavelaromaine.com
Cornalin: Cave du Rhodan (der Cornalin von der Bio-Domaine „Trong“). Eigentlich war auch der Cornalin fast überall gut, aber dieser hier ist ein „elegantes Monument“!
Syrah: Thierry Constantin, Pont-de-la-Morge.
http://www.thierryconstantin.ch

Und vielleicht etwas „ausser Konkurrenz“, aber nicht in Sachen Qualität:
Lafnetscha: autochthone Sorte, ein bisschen der Completer des Wallis. grossartig!
Chanton Weine, Visp (ebenso bemerkenswert, aber speziell der „Eyholzer Rote“, trotz Rotwein-Vinifikation wie ein Rosé, mit Erdbeeraromen).
http://www.chanton.ch

Bestes Weingut:
Und schliesslich, das für mich beste Weingut der ganzen Reise. Sicher ist es etwas unfair, denn von 15 besuchten Betrieben hätten wohl acht diesen Titel verdient. Trotzdem lege ich mich auf Thierry Constantin in Pont-de-la-Morge fest: Bei ihm ist einfach das ganze Sortiment durchgehend sehr gut bis ausgezeichnet, und es zieht sich zudem ein Stil durch alle Weine – das könnte man alles blind kaufen!
http://www.thierryconstantin.ch

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Für mich, wenn auch nur um Nuancen vor vielen anderen, der beste aller besuchter Winzer: Thierry Constantin

Wallis: à suivre, bald auch in diesem Weinblog!