Ich hatte kürzlich über einen neuen Schweizer Weinführer berichtet und mich dabei über die Auswahl der vorgestellten Winzer teilweise gewundert. Aufgrund verschiedener Rückmeldungen ist nun auch klar, warum.
Wie naiv ich bloss sein konnte! Ich wunderte mich, warum Winzerinnen und Winzer wie von Tscharner, Donatsch, Gantenbein, Broger, Besson-Strasser bzw. Marie-Thérèse Chappaz, Sandrine Caloz und Cave du Rhodan nur ganz kurz unter „weitere Betriebe“ aufgeführt waren, während auch zwar respektable, aber doch nicht ganz zu Spitze gehörende Güter auf einer oder gar zwei Seiten portraitiert waren. Ich stellte dabei die Vermutung auf, das könnte mit gleichzeitig geschalteten Inseraten zusammenhängen.
Das wäre ja schon fragwürdig genug. Aber mehrere erhaltene Rückmeldungen zeigten mir dann, dass es noch anders ist. Man hatte als Winzer nämlich für die Einlieferung der Degustationsweine zu bezahlen, und wer das nicht tat, landete offenbar, wenn überhaupt, unter „weitere Winzer“.
Man wundert sich deshalb plötzlich auch nicht mehr, wenn in der fraglichen österreichischen Zeitschrift unter dem Titel „die besten Pinots (oder Merlots oder was auch immer) der Schweiz“ zwar immer hervorragende Weine gewinnen (sehr gut degustieren können die Journalisten augenscheinlich), wichtige Produzenten aber schlichtweg fehlen.
Man muss sich wohl die Frage stellen, ob wirklich neutraler Qualitätsjournalismus wirtschaftlich überhaupt noch möglich ist. Ich werde dieser Frage sicher noch etwas nachgehen und allenfalls das Thema auch nochmals vertiefen. Über sachdienliche Rückmeldungen aus der Leserschaft würde ich mich jetzt schon freuen.
Ich selbst bin mit meinem bescheidenen Blog davon zwar nicht betroffen, ich schreibe nur über einen Wein, wenn ich begeistert bin. Aber mein Blog ist ja auch nur ein Hobby ohne jegliche finanziellen Interessen, und deshalb habe ich leicht reden. Gleichzeitig bin ich auch froh, nicht aus Existenzgründen Kompromisse eingehen zu müssen!
Neu in meinem Blog: „Interessennachweis“ bei jedem Beitrag
Eine Neuerung werde ich aber ab sofort im Sinne der Transparenz einführen. Am Schluss eines Beitrages wird künftig immer vermerkt sein, ob ich einen Wein selbst gekauft, an einer Degustation mit oder ohne persönlicher Einladung probiert oder ggf. auch geschenkt erhalten habe. Sie als Leser haben somit zumindest die volle Transparenz. Und genau das ist, was ich dem erwähnten Weinführer vorwerfe: Wenn die Kriterien für die Selektion offen gelegt worden wären, könnte man meines Erachtens sogar damit leben.
Link zum erwähnten Beitrag:
Kleines Meckern zu einem neuen Weinguide – und ein Happy End mit dem Weingut Riehen. – Victor’s Weinblog (victorswein.blog)
Ich vermute, der Weinführer ist von Falstaff.
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Als Falstaff Schweiz vor ein paar Jahren startete, gab man dem hiesigen Weinhandel die Möglichkeit in der Falstaff–Welt mitzumachen. Kostenpunkt: CHF 5000.–
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Guten Abend Victor
2014 habe ich unser Weingut in 3 Generation von meinem Vater übernommen.
Als Junger motivierter Winzer hat man natürlich das Streben und das Ziel
eines Tages auch so in den Glanz Magazinen zu erscheinen wie andere
bekannte Star Winzer.
Jetzt, bald 10 Jahre Später sehe ich das anders! Ich habe alle Abos von
den bekannte Weinzeitschriften gekündigt und habe nur noch eine Hand
voll Blogs und Newsletter die ich ab und zu lese. Mit dem gesparten Geld
gehe ich lieber mit meiner Frau gut essen, was mich viel glücklicher
macht. Als uns beim letzten Restaurantbesuch ein Gast ein grosses Lob
über unseren Wein machte, meinte meine Frau nur: Jetzt hast du deine
Falstaff Titelseite! Und ja, dass sind doch die ehrlichen Rückmeldungen.
Leider ist in der Wein Welt sehr viel geschmeichelt, gekauft und
erlogen. Prämierungen sind reine Geschäftsmodelle und der Flascheninhalt
spielt eine untergeordnete Rolle…
Wein trinken soll Spass machen und Freude bereiten, speziell in Tagen
wie diesen
Prost
Freundliche Grüsse
Ueli Kilchsperger
Weingut Kilchsperger / Worrenberg 1 / 8416 Flaach
http://www.kilchsperger.ch / +41 52 318 13 18
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