Der Trick mit dem Knick: „Josephinenhütte“, ein schlicht geniales Weinglas!

„Das beste Glas, das ich je erschaffen habe“! Zuerst tut man das vielleicht als reines Marketing ab. Aber erstens stammt die Aussage von Kurt Josef Zalto, einem begnadeten Glasmacher. Und zweitens zeigt eine nähere Auseinandersetzung mit dem Glas, dass die Aussage stimmt. Ich habe mein neues Lieblingsglas entdeckt!

Eigentlich bin ich ja in Bezug auf Weingläser ein Purist und Traditionalist. Als ich jung war, gab es an Degustationen nur eine Variante, und das war das „INAO-Glas“. Selbst die besten Weine der Welt, so etwa an der Bordeaux-Primeur-Kampange im Jahr 1990, wurden in den klassischen Gläsern verkostet. Meine Nase ist deshalb quasi auf dieses Glas „geeicht“, und ich nutze es heute noch – und lasse mich dafür gerne auch mal etwas auslachen und als „Nutzer unbrauchbarer Gläser“ abstempeln.

Natürlich wirken sie auf einem schön gedeckten Tisch nicht gerade toll. Aber zu diesem Zweck hat man ja bei Bedarf auch andere Gläser. Wozu also noch etwas Neues? Nun, seit ich „das beste Glas, das Kurt Josef Zalto je geschaffen hat“ in der Variante Universalglas testen konnte, ist die Antwort ohne Übertreibung klar: weil es einfach noch Besseres gibt!

Ich habe das „Josephinenhütte Universal“ nun mit rund 20 verschiedenen Weinen immer gegenüber einem anderen, sehr guten und von mir sehr geschätzten Universalglas getestet. Und ja, auch mein geliebtes INAO-Glas war immer mit dabei. Das Resultat ist umwerfend: Es gab keinen Wein, bei dem man das Josephinenhütte nicht bevorzugt hätte oder es zumindest gleichwertig war!

Generell stellte ich fest, dass es gegenüber dem anderen Universalglas bei allen Weissweinen klar und deutlich überlegen war. Die Düfte waren einfach klarer und vor allem intensiver in der Josephine, ja teilweise sogar nur hier überhaupt wahrnehmbar. Sehr ähnlich verhielt es sich mit leichten Rotweinen. Je wuchtiger ein Rotwein, desto eher konnte auch das Vergleichsglas mithalten.

Total spannend war aber auch der Vergleich mit dem INAO-Glas: Grundsätzlich zeigte sich, dass dieses für eine Vergleichsdegustation auch heute noch sehr gut nutzbar und sozusagen unbestechlich ist. Die Aromen, vor allem auch die nicht so tollen, kommen hier „fadengerade“ in die Nase. Für den Weingenuss indessen ist die Josephine klar zu bevorzugen. Die Düfte sind fast immer deutlich feiner, besser zusammen verwoben und edler.

Spannend war, dass das Glas und dessen Form auch einen grossen Einfluss auf die überhaupt wahrnehmbaren Düfte hat. So waren etwa bei einem Nebbiolo im Vergleichs-Universalglas grüne Töne wahrzunehmen – im INAO und der Josephine hingegen nicht, dafür war in letzterer ein leichter Schokolade-Touch spürbar. Und ein Müller-Thurgau duftete im Vergleichsglas praktisch nach gar nichts, während die Josephine weissen Pfirsich und etwas Kampfer hervorbrachte. Oder in einem Räuschling zeigte ausschliesslich die Josefine, dass der Wein nebst anderen Düften auch Bergamotte und Orangenschalen aufweist. Und als letztes Beispiel ein Pinot noir, bei dem die Josephine als einziges Glas nebst roter Frucht auch etwas Teer spüren liess.

Zusammengefasst: Das Universalglas der Josephinenhütte ist ein unglaublich tolles, den Wein nobel und präzis präsentierendes Glas – und tatsächlich ein Universalglas, das bei keinem der von mir getesteten Weine abfiel. Einfach universal – ich bin begeistert!

Nur etwas haben wir übrigens noch nicht geschafft: Mit diesen Gläsern anstossen und dabei einen hellen Klang erzeugen, das geht nicht. Das liegt vermutlich daran, dass das Glas zwar enorm leicht und dünnwandig, aber gleichzeitig „elastisch“ ist.

Josephinenhütte Universal: Stellt alles in den Schatten, sogar sich selbst.

Aber warum ist dieses Glas so gut? Als Laie kann man das zwar nicht wissen, aber es liegt auf der Hand, dass der aussergewöhnliche Knick im Glas die gewünschte Wirkung entfaltet. Kurt Josef Zalto sagt selbst, er habe jahrelang „getüftelt“ und beschreibt das so:

Die behutsam geformte Kante im Kelch sorgt dafür, dass ein Teil des Weines, der durch Bewegung am Rand des Glases aufsteigt, gebrochen wird und anschließend in einer Spiralbewegung ins Glas zurückfließt. Ich vergleiche das gerne mit brechenden Wellen am Meer. Sie kennen das selbst: Je rauer und ungestümer das Meer ist, desto intensiver ist der Duft. Diese salzige Meeresfrische in der Nase. Herrlich! Diesen Effekt habe ich in das Glasdesign eingebaut. Beim Schwenken des Glases nimmt der Wein sehr viel Sauerstoff auf und kann sich perfekt entfalten. Das Geruchs- und Geschmackserlebnis ist dabei wirklich super (Quelle: Kulinariker.de)

Der geniale Knick: wirkungsvoll und „stylish“.

Bleibt noch, den etwas speziellen Namen des Glases bzw. der Gläser zu erklären (es gibt nebst dem Universalglas auch Weisswein-, Rotwein-, Schaumwein- und Wassergläser): Die Josephinenhütte wurde im Jahr 1842 im Riesengebirge von der schlesischen Adelsfamilie Schaffgotsch gegründet und zeichnete sich schnell durch eine hohe Handwerkskunst aus. 1923 schloss sie sich mit Konkurrenten (u.a. der ebenso berühmten Hütte der Familie Heckert) zusammen. Nach dem zweiten Weltkrieg, nunmehr auf polnischem Gebiet, nahm sie den Namen „Julia“ an, ging aber später, in amerikanischem Besitz, Konkurs. Die neue Glaslinie soll nun die Marke der Josephinenhütte wieder zum Leben erwecken. Mit Gläsern – Zitat Zalto – die filigran sind und leicht, anspruchsvoll und ästhetisch, so exzellent wie damals. Die Gläser werden heute in verschiedenen europäischen Manufakturen wie ehedem von Glasbläsern und -bläserinnen hergestellt – die ursprüngliche Josephinenhütte gibt es nicht mehr.

Und ganz zuletzt ein Wort zum Design. Das ist natürlich immer eine Frage des persönlichen Geschmacks, und dass man angesichts der speziellen Form zuerst etwas staunt, liegt auf der Hand. Ganz persönlich finde ich aber das Glas auch ästhetisch sehr gelungen und zu einer schönen Tafel bestens passend.

Josephinenhütte – World’s Finest Glasses


Interessenshinweis:
Ich habe zwei Universalgläser von der Josefinenhütte zum Testen gratis erhalten. Mit dem Erhalt waren keinerlei Versprechungen für einen allfälligen Beitrag verbunden. Wie anderorts in meinem Blog erwähnt, schreibe ich ausschliesslich zum Spass und verfolge keine finanziellen Ziele. Ich schreibe deshalb nur über Weine oder Accessoires, von denen ich selbst völlig überzeugt bin.
(Vorliegend noch die Ergänzung: Ich habe bereits 4 Gläser für die schöne Tafel dazugekauft – bloss für klassische Degustationen bleibe ich bei meinem INAO-Glas, ob man mich auslacht oder nicht …)

Ein Gedanke zu “Der Trick mit dem Knick: „Josephinenhütte“, ein schlicht geniales Weinglas!

  1. Moser Herbert

    Finde Zalto Gläser fantastisch habe erstmals die Gläser vor Jahren aneignen Dinner bei Christian Petz während der Vievinum auf dem Donauschiff kennen gelernt

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