Viele Arbeiten im Rebberg sind unspektakulär und oft auch mühsam.
In meinem Beitrag zum Rebschnitt habe ich geschwärmt, das sei meine liebste Arbeit. Aber ich mache das ja auch nur als Hobby. Ich kann mir vorstellen, dass nicht jeder Berufswinzer diese Meinung teilt. Wenn man nämlich wochenweise nichts anderes macht, dann verblasst das Idyll und vergeht der Spass vermutlich irgendwann. Und an gewissen Tagen ist es einfach nur saukalt.
Ganz abgesehen davon unterschätzen wohl viele Weinfreunde die enorme Arbeit, die hinter einer Flasche Wein steckt. Es ist etwas anderes, sonntags durch schöne Rebberge zu wandern, als wochtags in diesen Rebzeilen zu arbeiten.
Auch jetzt, da die Reben noch nicht wachsen, stehen Arbeiten an, die unspektakulär und die teils auch kräfteraubend sind. Die nachstehenden Bilder zeigen ein paar Beispiele für die Arbeiten im März:
Wir haben unten an unserem Rebberg eine Hecke gepflanzt, um Nützlingen zu helfen, und auch als Schutz gegen die angrenzende Strasse. Eine Hecke wächst und will gepflegt sein. Der hier sichtbare Rückschnitt bedingte rund eine Stunde Arbeit mit der Motorsäge – und wer sich das nicht gewohnt ist, spürt anderntags sein Kreuz.Jede Rebanlage bedarf der Pflege. Je älter sie ist, desto mehr. Unsere Holzstickel sind 30-jährig und müssen teilweise ersetzt werden, weil sie faulen. Das bedeutet: Alter Stickel weg, mit Locheisen ein neues Loch vorbereiten und dann den neuen Holzpfahl einschlagen. Das ist ganz schön anstrengend, zumal man – jedenfalls als Hobbywinzer – dazu auf einer Leiter steht.Auch die Drähte, die später im Jahr der Rebe Halt geben, werden älter. Hier heisst es: nachspannen.Und hier wird nachgespannt – ein sogenannter „Drahtspanner“, an dem man mit einer Flachzange dreht, damit der Draht aufgewickelt wird (siehe Mitte), und somit wieder straff gespannt.
Nach meinem Beitrag von gestern musste das ja einfach sein; nach einem weissen Pacherenc du Vic Bilh war ein Madiran aus dem genau gleichen Gebiet sozusagen gesetzt.
Das Menu – drei Stunden wie ein Braten in Rotwein schonend geschmorter Hohrücken – verlangte geradezu nach einem kräftigen Wein, also müsste ein Madiran sicher passen. Und Château Bouscassé Vieilles Vignes 2004 schien mir so langsam in Trinkreife.
(Kleine Klammer: Ich kaufte vor vielen Jahren einmal 12 Flaschen Château Montus aus den frühen 1990-er Jahren, und ab etwa fünf Jahren nach der Ernte probierte ich jährlich eine Flasche, in der Meinung, er müsste endlich trinkreif sein – und als er es dann endlich war, hatte es keine Flaschen mehr ….).
Aber ein 14-jähriger Bouscassé (ausgerechnet übrigens aus einem Jahr, das meteorologisch nicht so toll war, und in dem vor allem zu befürchten war, dass Alain Brumont aufgeben müsste, weil er bei einem Investment vermutlich über’s Ohr gehauen wurde), das war keine schlechte Idee.
14 Jahre alt – und erst in beginnender Trinkreife! Gute Weine aus Madiran erinnern an so etwas wie eine „gute alte (Wein-)Zeit“. (Bild vl)
Nur wenig gereiftes, tiefes Bordeaux-Rot, in der Nase intensive Düfte von Dörrpflaumen und anderen dunklen Früchten, Anflug von Pfeffer und – warum nur rieche ich das immer wieder in Tannat-Weinen – Liebstöckel („Maggikraut“). Im Mund umwerfend wuchtig, knackige, aber sehr gut eingebundene Säure, noch sehr jugendliche, prägnante Tannine, im besten Sinne mundfüllend. Wuchtiger Wein, der trotzdem elegant daherkommt. Ist jetzt trinkreif, kann aber noch einige Jahre reifen! Und auch das ist so ein Wein, der beim Essen nie verleidet, sondern immer noch besser zu werden scheint.
Südwestfrankreich – das ist definitiv mehr als eine vernachlässigbare Weingegend – das ist – von guten Produzenten – sinnliche Weinqualität pur!
Mit dem Weinhandel bei Ricardo oder ebay ist es so eine Sache. Ich beginne zu verstehen und zu akzeptieren, warum die Weine der grossen Bündner Produzenten ab Hof immer teurer werden. Was muss etwa Gantenbein denken, wenn sein 2015er Pinot noir auf einer Plattform für 149 Euro angeboten und auch verkauft wird. Im Handel war dieser Wein vor einem Jahr für knapp unter 90 Franken erhältlich (wobei erhältlich das falsche Wort ist; dieser Wein wird zugeteilt). Also dürfte der Preis ab Weingut um 70 Franken gelegen haben, mehr Marge liegt für den Händler bei Schweizer Weinen kaum drin.
Gantenbein’s schuften also ein ganzes Jahr, bezahlen ihre Angestellten und Helfer und amortisieren ihre Investitionen zum gleichen Ertrag, den ein „Weinfreund“ mit dem Kauf (oder eben der Zuteilung) und sofortigem Weiterverkauf verdient. Früher gab es im Schweizer Weinhandel die sogenannten „Sofahändler“, das waren solche, die über ein Importkontingent verfügten und vom Weiterverkauf dieser Rechte gut lebten. Die heutigen Sofahändler verkehren online!
Als Weinfreund ohne Anführungszeichen könnte man sich schon fast sozialistische Verhältnisse im Weinbereich herbeiwünschen. Oder Weinhändler, die nur gegen ein striktes Weiterverkaufsverbot zuteilen (beide Ideen sind unsinnig, ich weiss).
Mein nächster Beitrag wird übrigens von einem Weinkauf bei Ricardo handeln 🙂