„Und jeder schreibt über Wein“, so lautete im letzten Jahr der Titel unter „Klartext“ in Vinum. Was letztlich eine Seite Eigenwerbung war, hat doch einen wahren Kern.
Als ich den Text von Redaktorin Nicole Harreisser damals las, kam es mir vor, als würde jemand verzweifelt nach Gründen suchen, ein in stürmischem Wasser treibendes Print-Schiff gegen den Online-Sturm zu verteidigen. Bemerkungen wie „wir bei Vinum, wo Verkostungen für den Vinum-Weinguide verdeckt stattfinden, wissen, wie unterschiedlich Noten ausfallen können, wenn den Verkostern der vielleicht prominente Name des Produzenten bekannt ist oder eben nicht“ wirkten auf mich schon fast ein wenig verzweifelt.
Vorgeworfen wurde uns Bloggern und Online-Kommentatoren weiter, es fehle oft an Transparenz und Objektivität. Und vorgeschlagen wurde zu guter Letzt ein Gütesiegel für Weinakteure im Netz.
Nun hat Vinum ja nicht unrecht, tatsächlich ist es eine Herausforderung, ehrliche und transparente Information von clever verkappter Werbung zu unterscheiden. Natürlich nehme ich eine Degustationsnotiz in Vinum ernster als ein beliebiger Instagram-Eintrag. Dies vor allem auch, weil die Weinzeitschrift seit dem Besitzer- und Chefredaktionswechsel vor ein paar Jahren wieder richtig gut geworden ist.
(Wobei, am Rande vermerkt, gerade auch Vinum selbst mit dem „Club les Domaines“ eine nicht ganz koschere Strategie fährt).
Dass beides, Vinum-Degustationsnotizen und Blog-Beiträge, ihren Platz haben können und sollen – ja, sich vielleicht sogar gegenseitig helfen – zeigt das Beispiel eines Weinblogs aus der Schweiz. Niemals möchte ich auf die Beurteilungen von Rolf Bichsel in Vinum verzichten, zumal ich persönlich fast immer die gleiche Wahrnehmung habe. Aber das, was Adrian van Velsen in seinem Blog über die Primeurs 2018 aus Bordeaux schreibt, scheint mir ebenso seriös. Und wer möchte sich nicht aus verschiedenen Quellen informieren?
http://www.vvwine.ch/
Den Blog von Adrian van Velsen und seinen Kollegen, einer der ältesten in der Schweiz, halte ich auch sonst für sehr empfehlenswert, und er wäre ein sicherer Kandidat für ein „Blog-Gütesiegel“.
Und zurück zu Vinum: Warum führt ihr ein solches Qualitätssiegel nicht ein (wer, wenn nicht Vinum, wäre dazu prädestiniert)? Warum nutzt ihr nicht sogar die Chance, externe, aber von euch geprüfte Blogs, oder zumindest ausgewählte Beiträge, in euer Netzwerk einzuspannen? Das Spektrum von Vinum würde breiter, die Informationsdichte besser, der qualitative „Wettstreit“ unter den Korrespondenten befruchtend!
Das wäre doch eine Antwort auf den sich nur noch verstärkenden Online-Sturm im Weinglas! Mein Tipp ist, wie vieles in der Online-Welt, gratis, aber transparent und objektiv!
Ach ja: Auch Vinum ist online 🙂
http://www.vinum.eu