Tedeschi „Monte Olmi“ 2004: überzeugend gereifter Amarone

Erledigen wir doch zuerst das Unangenehme – das mit der Buchhaltung: Monetär gelohnt hat sich der Einkauf direkt bei Tedeschi im Jahr 2009 nämlich überhaupt nicht! Erst nach der Rückkehr in die Schweiz merkte ich, dass ich den gleichen Wein bei einem Händler hier sogar etwas günstiger hätte kaufen können.

Diese Aussage gilt für viele Weinkäufe im europäischen Raum, sofern man nicht einen Winzer besucht, der einem ermöglicht, die MWST zurückzuverlangen. So bezahlte ich also die Steuer in Italien, in der Schweiz und gleich auch noch den für Privatversonen höheren Zoll der Schweiz. Nimmt man die 22 % MWST in Italien und schlägt noch einige Prozente darauf, die ein Händler mit Grosseinkauf sicher an Rabatt erhalten kann, liegt man dann auch etwa auf jenen rund 30 % Marge, die ein Weinhändler in der Regel kalkulieren kann und muss.

Frühling im Valpolicella. Das malerische Gebiet liegt nur wenige Kilometer von Verona und vom Gardasee entfernt und lohnt deshalb einen Abstecher!

Trotzdem hat sich der Besuch bei Tedeschi in Pedemonte bei Verona absolut gelohnt. Wir waren in den Ferien und läuteten deshalb unangemeldet beim Weingut. Weil Frau Tedeschi gerade ihren Jungen im Ort abholen musste, waren wir vorerst auch eher ein Stressfaktor. Schliesslich aber genossen wir eine Betriebsbesichtigung und eine umfassende Degustation des Sortimentes mit einer – der Junge war inzwischen daheim – völlig lockeren Frau Tedeschi.

Gekauft haben wir, nebst einem bemerkenswerten Soave Monte Tenda und dem Massstäbe setzenden Ripasso Capital San Rocco auch den Lagen-Amarone Capitel Monte Olmi 2004. Monte Olmi ist ein süd-/südwestorientierter steiler Hang von ca. 2,5 ha in Pedemonte und gilt als Spitzenlage.

Mögen die Amarone von dal Forno und Quintarelli vielleicht noch eine Klasse darüber stehen – gleich danach kommen Weine wie dieser Monte Olmi (nebst den Amarone z.B. von Masi, Degani, Speri, Zymè, Veturini oder Latium).

Der Monte Olmi machte in jeder Reifephase viel Freude, aber die letzte Flasche blieb lange im Keller liegen. Ich habe generell bei Amarone die Erfahrung gemacht, dass sie nicht so langlebig sind, wie ihnen oft nachgesagt wird. Dass ein 2004er noch trinkbar sein würde, war zu erwarten, aber wie viel Freude er noch macht? Nur zu oft waren mir ältere Amarone zu wenig frisch und zu „pampig-süss“. Deshalb habe ich die letzte Flasche Monte Olmi auch immer wieder liegen gelassen, so nach dem Motto „heute mag ich keinen altersschwachen Wein“.

Amarone „Monte Olmi“ von Tedeschi: Sonne im Glas!

Kürzlich habe ich ihn nun doch geöffnet – und siehe da: Die Farbe wirkte zwar schon sehr gereift, mit einem Ton etwas ins Bräunliche. Aber sowohl in der Nase (getrocknete Pflaumen, Lackritze, Lorbeer) als auch im Mund (präsente Säure, feine Tannine, hoher Alkoholgehalt sehr gezähmt eingebunden, Süsskomplex ohne jede Schwere) machte der Monte Olmi einfach nur Spass. Der wird auch in zehn Jahren noch gefallen!

Dass ein Amarone aus angetrocknetem Traubengut gewonnen wird – die Trauben lagern in Kistchen oder auf Gestellen in trockenen Räumen und verlieren durch den Trocknungsprozess an Wasser, was zu konzentrierterem Most führt – ist sicher allgemein bekannt. Spannend hingegen ist ist die Traubenzusammensetzung: Nebst einigen weiteren Lokalsorten besteht der Wein hauptsächlich, und zu etwa gleichen Teilen, aus Corvina, Corvinone und Rondinella. Unbekannt? Eben! Aber der beste Beweis, dass Spitzenweine nicht nur aus den international bekannten Sorten entstehen können!

http://www.tedeschiwines.com/
https://www.vinothek-brancaia.ch/catalogsearch/result/?q=tedeschi
http://buonvini.ch/46-italien#/produzenten-tedeschi


Valpolicella? Valpolicella! Valpolicella? dal Forno!

Für Snobs? Für Snobs! (preislich). Für Snobs? (nein, dal Forno!)

valpolicella
Im Valpolicella, nördlich von Verona (das Bild, vl, zeigt nicht das Gut von dal Forno)

Valpolicella, das war jener Offenwein, den wir in jungen Jahren jeweils in der Pizzeria auswählten, ganz einfach, weil er am billigsten war, und weil der Name nach Italianità klang. Es waren saure, ungehobelte, im besten Fall leicht fruchtige, oft aber eher nach Essig schmeckende Weine, die aus heutiger Sicht eigentlich nur das Prädikat „ungeniessbar“ verdienten.

Das Vorurteil hielt sich lange, auch wenn Namen wie Tedeschi oder Masi schon bald für richtig gute Weine aus dem Gebiet nördlich von Verona standen. Aber trotz schönen Amarone und zuweilen auch respektablen Ripasso, so ganz zu den grossen Weinbaugebieten habe ich Valpolicella lange nicht gezählt. Geändert hat sich das etwas später, an einem lauen Vorsommerabend am Gardasee, wo wir einen Wein von Quintarelli tranken. Dieses Erlebnis bewog mich, endlich etwas mehr über das Gebiet zu lesen. Das Weinbuch Venetien/Friaul von Walter Filiputti, mit vielen Portraits von Winzern, war da sehr hilfreich. Filiputti, eine Kapazität für die Weinregion, damals noch selbst sehr angesehener Winzer im Friaul und Uniprofessor für Wein in Udine (letzteres, Irrtum vorbehalten, noch heute), schwärmte darin überschwänglich über Quintarelli und vor allem dal Forno. Wenn ein Winzerkollege zwei aus seiner Gilde so hoch lobt, dann muss ja etwas daran sein.

Spannend an der Geschichte ist, dass es die Weine von Romano dal Forno in der heutigen Art ohne jene von Quintarelli vermutlich gar nicht gäbe. Der junge dal Forno war so begeistert von Quintarelli, dass ihn dies zu höchster Qualitätsbessenheit antrieb (vgl. Link unten, palatepress.com). Ist das nicht eine wundervolle Geschichte? Qualitätsarbeit fördert Qualitätsarbeit!

Kürzlich konnte mein Portemonnaie mich nicht zurückhalten, und ich habe eine Flasche Monte Lodoletta, Valpolicella Superiore 2008 von dal Forno gekauft. Sie war mit Fr. 78.– etwas teurer als die seinerzeitigen Valpolicella’s aus der Pizzeria. Aber was ist das für ein Wein! Zuerst einmal würde man, blind degustiert, nie auf diese Herkunft tippen. Bordeaux würde man schon eher vermuten, aber irgendwie eben doch nicht, und wenn doch, von wo denn im Bordelais? (sicher nicht aus dem Libournais). Ist es also ein Valpolicella? Es ist ein Valpolicella! Aber ist es ein typischer Valpolicella? Das dann doch nicht!

dalforno

Dunkles, noch jugendliches Rot; Brombeeren, Kirschen, Pfeffer, Pinienduft; gut eingebundene Säure, feine Tannine, ausgewogen, lang, immer noch absolut jugendlich. Fazit: Einfach ein ganz grosser Wein, der noch lange reifen könnte.

Wohl vermerkt, es handelt sich hier um einen „normalen“ Valpolicella Superiore, nicht also um einen der Amarone von dal Forno, die geradezu umwerfend sind, aber auch etwa den 4-fachen Preis kosten. Allerdings werden bei dal Forno auch bei diesem Wein die Trauben etwas angetrocknet, es handelt sich also sozusagen um einen „kleinen Amarone“.

Die Zukunft des Weingutes scheint gesichert. Romano dal Forno ist inzwischen kurz vor dem Pensionsalter, aber seine drei Söhne sind führend mit im Betrieb tätig. Die Arbeitsaufteilung lässt hoffen, dass kein Kompetenzgerangel entstehen wird. Marco ist für die Reben, Luca für den Keller und Michele für das Marketing verantwortlich.

Und das Fazit: Normalerweise liegt der Preis dieses Weines weit über der Grenze, die ich noch bereit bin, für einen Wein auszugeben. Hier hat es sich aber sicher gelohnt. Dieser dal Forno zeigt exemplarisch, dass kompromissloses Qualitätsstreben zu wundervollen Resultaten führen kann. In diesem Sinne mag es snobistisch sein, solchen Wein zu kaufen. Aber das sinnliche Erlebnis, die Erkenntnis, dass Valpolicella so viel mehr sein kann als das, war ich in der Jugend davon ahnte, lohnt den Kauf einer solchen Flasche allemal!

http://www.dalfornoromano.it/

http://palatepress.com/2011/10/wine/a-valpolicella-legend-an-interview-with-romano-dal-forno/

https://www.schweizerische-weinzeitung.ch/quintarelli-dal-forno/

Walter Filiputti, die grossen Weine der Welt, Venetien und Friaul, ISBN 3426272148 (ISBN-13: 9783426272145)