Wein vom Fürstenhaus von Liechtenstein: sehr bemerkenswert, teils mit etwas Luft nach oben.

Das Fürstentum Liechtenstein, eine Monarchie mit einem Fürsten an der Spitze, ist auch ein Weinbaugebiet. Nicht zuletzt mit Weinen des Fürstenhauses selbst. Und weil die Familie österreichische Wurzeln hat, gibt es auch ein Weingut im Weinviertel. Die Beurteilung der drei degustierten Weine reicht von hervorragend bis gut. Also auch ein wenig durchzogen und nicht nur durchlaucht. Aber es ist ein Weingut, dass man beachten und noch viel mehr auf dem Radar behalten sollte!

Eigentlich ist es erstaunlich, dass die Weine des Fürstenhauses von Liechtenstein nicht bekannter sind. Denn an Geschichte mangelt es wahrlich nicht. Die Hofkellerei des Fürsten besteht aus zwei Domainen, wobei jene in Wilfersdorf im österreichischen Weinviertel mit 40 Hektar nicht nur rund zehnmal grösser ist als die Domaine Vaduz, sondern auch viel älter: Seit 1436 (!) befindet sich die Kellerei Wilfersdorf in Familienbesitz. Da nimmt sich die Besitzdauer der Liechtensteiner Domaine schon fast bescheiden aus. „Erst“ 1712 erwarb der damalige Fürst von Liechtenstein die Grafschaft Vaduz, und damit auch das heutige Rebland.

Ein bisschen weltmännisches Flair und einen Besuch absolut wert, aber auch symbolisch für das „Ländle“: Die Hauptstadt Vaduz, vorne der Regierungssitz, in der Bildmitte das moderne Parlamentsgebäude – aber über allem das Schloss des Fürsten.

Die Prinzessin im Weinbusiness
Ein gewichtiges Wort in den Kellereien, vor allem aber in Bezug auf das Marketing, gehört seit 2013 einer echten Prinzessin, gemäss Falstaff wohl der einzigen im Weinbusiness. Prinzessin Marie von und zu Liechtenstein, die Ehefrau von Prinz Constantin, dem drittgebohrenen Sohn des aktuellen Fürsten von Liechtenstein, ist ausgebildete Sommelière und bringt sich entsprechend professionell in den Betrieb ein. Die Weinherstellung wird freilich den Profis überlassen, wobei hier die Offenheit des Fürstenhauses in der Kommunikation positiv auffällt: In der Weingutsbroschüre wird dargelegt, dass man sich bei der Vinifikation der Liechtensteiner Weine auf die Beratung eines renommierten Unternehmens verlässt: Derenoncout Consultants, eine Beratungsfirma, die viele sehr renommierte Kunden hat, etwa Château Smith Haut-Lafitte.

Die qualitative Konkurrenz liegt wenige Kilometer rheinaufwärts
Ich habe in einer Vinothek vor Ort drei Weine gekauft, zwei davon aus Liechtenstein. Mein Eindruck kann damit nicht abschliessend sein, aber es scheint, dass die Weine aus Liechtenstein noch mehr Luft nach oben haben als jene aus dem Weinviertel. Der Grüne Veltliner der Domaine Wilfersdorf ist wirklich begeisternd und eine Referenz!

Als Schweizer Nachbar haben mich aber natürlich die Weine aus Liechtenstein mehr interessiert. Hier kann der Chardonnay durchaus gut gefallen, er biedert sich weder in der neuen, noch in der alten Welt an, sondern weist seinen eigenen, eleganten und frischen Stil auf – das hat Potential! Weniger überzeugt hat mich das Pinot-Aushängeschild „Bocker“, dieser Wein mit Jahrgang 2017 wirkt schon jetzt etwas ältlich. Es ist ein durchaus guter Pinot, den man geniessen kann, aber es wirkt ein wenig so, als hätte man hier beim Keltern fast etwas zuviel gewollt.

Somit bleibt in Bezug auf die beiden degustierten Liechtensteiner Weine das Fazit: Sie sind auch ohne „Monarchie-Bonus“ empfehlenswert, der Weisse ganz besonders, aber sie leben halt auch in Konkurrenz mit den Weinen aus der Bündner Herrschaft, nur wenige Kilometer weiter oben am Rhein. Dort gibt es diverse Betriebe, welche die fürstlichen Weine noch übertreffen. Die Ansätze der „Fürstenweine“ aus Liechtenstein sind aber bemerkenswert. Seit 2019 ist ein neuer, junger Leiter der Hofkellerei tätig – Stephan Tscheppe. Man darf annehmen, dass damit auch neuer Wind Einzug hält. Wenn es ihm gelingt, die schon bemerkenswerte Qualität noch zu steigern, dann wird auch die Arbeit der Prinzessin im Marketing bald noch schöner.

Der österreichische Wein des Hauses Liechtenstein aus dem Weinviertel steht qualitativ vorne und in der Mitte, aber die beiden flankierenden Weine aus Vaduz sind durchaus bemerkenswert.

Grüner Veltliner, Reserve 2019, Domaine Wilfersdorf, Weinviertel
Mittleres Gelb; Quitten, Mirabellen, Lindenblüte; dichter Körper, gute Säure, rund, sehr gut eingebundener Alkohol, ausgewogen, langer Abgang. Toller GV, vielleicht fehlen ein paar Ecken und Kanten, aber wirklich sehr gut gelungen. 17,5 Punkte (= sehr gut bis hervorragend).

Chardonnay 2018, Herawingert, Appellation Vaduz Contrôlée
Helles Strohgelb; Duft nach Aprikosen und Williams-Birnen, florale Töne; im Mund eher schlank, relativ tiefe Säure und trotzdem schöne Frische, ausgeprägter Süsskomplex, neues Holz spürbar, aber nicht dominant, langer Abgang. Feiner, eleganter, nicht aufdringlicher und gerade auch deshalb sehr schöner Chardonnay mit eigenem Stil; mit etwas mehr Körper wäre er noch besser. 16,5 Punkte (= sehr gut).

Pinot noir 2017, Bocker, Appellation Vaduz Contrôlée
Eher helles Rot mit Brauntönen, wirkt schon recht gereift; zurückhaltende Nase, würzig, leichte Holznote; gute Ansätze mit komplexer Struktur, druckvoll, ausgewogene Säure und Alkohol, daneben aber etwas bitter und sehr adstringierend, wirkt etwas spröd, mittlerer Abgang. Auf seine Art typisch Pinot, aber auch etwas ratlos lassend. 15,5 Punkt (= gut)

Die Hofkellerei des Fürsten von Liechtenstein – Hofkellerei Liechtenstein

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